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Studienfächer erklärt Was ich als Erstsemester gern über Romanistik gewusst hätte

Fremdsprachen öffnen die Tür zu anderen Kulturen und erweitern den Horizont. Eine Studentin erzählt, warum sie sich für Französisch und Italienisch entschieden hat. Und in welchem Bereich sie später arbeiten möchte.
Aufgezeichnet von Antonia Fischer
Spiraltreppe in den Vatikanischen Museen im Vatikan in Rom: Sprachen studieren, die aus dem Lateinischen entstanden sind

Spiraltreppe in den Vatikanischen Museen im Vatikan in Rom: Sprachen studieren, die aus dem Lateinischen entstanden sind

Foto: IMAGO
Studienfächer erklärt

In der Reihe »Studienfächer erklärt« stellen wir die beliebtesten Studienfächer in Deutschland vor. Wie viele Studierende an deutschen Hochschulen in welchem Fach eingeschrieben sind, ermittelt das Statistische Bundesamt einmal im Jahr . Unser Ranking bezieht sich auf die Zahlen für das Wintersemester 2019/2020.

Für die Fächer auf den ersten 30 Plätzen dieses Rankings gibt es jeweils ein Porträt – von Betriebswirtschaftslehre auf Platz 1 bis Wirtschaftsrecht auf Platz 30. Für die weiteren Porträts haben wir zusätzlich mit einbezogen, nach welchen Fächern besonders viele Menschen suchen. Weit oben stehen dann etwa Soziologie, Philosophie und Pharmazie. Grundlage ist hier eine Auswertung von Google für den Zeitraum 2021 bis September 2022.

Romanistik-Studierende setzen sich mit romanischen Sprachen auseinander, den Sprachen also, die aus dem Lateinischen entstanden sind. Dazu gehören Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch und Rumänisch sowie weitere Sprachzweige wie Katalanisch.

Linda Hoffmann, 22, studiert das Fach an der Universität Leipzig, dort heißt es »Romanische Studien«. Hier erzählt sie, wie sie Italienisch von null auf gelernt hat – und warum sie sich einen höheren Praxisanteil im Studium wünscht.

Die Entscheidung für Romanistik

»Nach meinem Abitur hatte ich keinen Plan, was ich studieren sollte. Also fragte ich mich, worin meine Stärken liegen: Ich war schon immer sprachaffin und habe eine Vorliebe für Literatur. Aus dem Bauch heraus bewarb ich mich für Romanistik. 2019 zog ich nach Leipzig, hier studiere ich nun im achten Semester und schreibe bald meine Bachelorarbeit.

Mein Studium beschäftigt sich mit den aus Latein entstandenen Sprachen sowie den dazugehörigen Kulturen. Man studiert meist zwei Sprachen gleichzeitig, ich habe mich für die Kombination aus Französistik und Italianistik entschieden. Französisch habe ich seit der sechsten Klasse gelernt, darin hatte ich also schon ein passables Grundwissen. Italienisch dagegen sprach ich vor dem Studium kein Wort. Warum also dieses Fach? Mir gefällt der Klang der Sprache, früher war ich mit meiner Familie oft in Italien im Urlaub. Es war eine Herzensentscheidung.

In Leipzig kann man fast jede Sprache ohne Vorkenntnisse studieren. Französisch ist die Ausnahme, dafür muss man vor Studienbeginn B1-Kenntnisse nachweisen, etwa durch das Abizeugnis. Auch Lateinkenntnisse werden verlangt, die müssen aber erst bis zur Bachelorarbeit nachgewiesen werden. Lateinneulinge haben also genug Zeit, passende Sprachkurse zu belegen.

Am Anfang lag mein Italienisch-Vokabelheft neben meinem Bett, jeden Abend vor dem Einschlafen schaute ich alles noch einmal durch. Mittlerweile spreche ich Französisch auf fortgeschrittenem Niveau, im Italienischen habe ich ein sehr sicheres Sprachverständnis erreicht.«

Formale Voraussetzungen für ein Romanistik-Studium
  • In der Regel benötigt man die allgemeine Hochschulreife, um an einer Universität zu studieren.

  • Das Fach Romanistik ist häufig zulassungsfrei. Es wird von vielen Hochschulen angeboten, hier  gibt es eine Übersicht.

  • Einige Sprachen können ohne Vorkenntnisse studiert werden, Ausnahme sind meist Französisch und Spanisch. Die Voraussetzungen variieren je nach Universität. Meist muss man Niveau B1 nachweisen, etwa durch das Abiturzeugnis.

  • Auch Lateinkenntnisse werden häufig gefordert. Welche Regelungen an der jeweiligen Universität gelten, sollte man unbedingt vor der Bewerbung recherchieren.

Was man noch mitbringen sollte: eine Affinität zu Sprachen; Interesse an Kultur, Geschichte und Literatur; Disziplin und Beständigkeit beim Lernen von Grammatik und Vokabeln

Inhalte und Aufbau des Studiums

»Mein Studium besteht aus Theorie- und Praxisteilen. In den theoretischen Sprach- und Literaturwissenschaften belegen wir Vorlesungen und Seminare. Dort setzen wir uns mit der Sprachgeschichte auseinander oder mit der Historik des Kulturraums und lesen Werke etwa von Gustave Flaubert oder Fatima Daas. Am Anfang bestehen die Modulprüfungen aus Klausuren. Später fallen mehr Hausarbeiten an, die man auch auf Deutsch schreiben darf.

»Anfangs hatte ich Hemmungen, frei zu sprechen, ich musste mich richtig überwinden.«

Hinzu kommt die Sprachpraxis mit zwei Wochenstunden pro Fach. Im ersten Semester starteten meine Kommilitonen und ich in Italienisch bei null, deswegen waren die Kurse recht verschult: Frontalunterricht, Hausaufgaben, Lehrbücher, Hörverstehen. Weil wir Französisch bereits auf fortgeschrittenem Niveau sprachen, waren diese Kurse viel freier gestaltet und gingen gleichzeitig bei Vokabeln und Grammatik stärker in die Tiefe. Zum Abschluss jedes Semesters gibt es schriftliche Tests und mündliche Prüfungen.

Ich hätte mir einen höheren Praxisanteil gewünscht. Um eine Sprache zu lernen, muss man sie so viel wie möglich sprechen. Deswegen habe ich freiwillig mehr Sprachkurse belegt. Anfangs hatte ich Hemmungen, frei zu sprechen, ich musste mich richtig überwinden. Das ist ganz normal, habe ich mir immer wieder selbst gesagt. Mittlerweile fällt es mir leichter.

Verpflichtende Auslandsaufenthalte gibt es für Romanistik-Studierende an meiner Uni nicht, teilweise finden freiwillige Exkursionen statt. Dieses Semester wurde zum Beispiel eine Reise nach Rom nachgeholt, die vorher wegen der Pandemie nicht stattfinden konnte. Meine Kommilitoninnen und Kommilitonen besuchten historische Stätten und Museen, Sprache und Kultur lassen sich vor Ort eben am besten erleben. Leider konnte ich aus Zeitgründen nicht teilnehmen. In Zukunft würde ich gern ins Ausland gehen, ein Erasmussemester im Master bietet sich dafür an.«

Welche Sprachen kann man studieren?

Die Romanistik beschäftigt sich mit der Wissenschaft der aus dem Lateinischen entstandenen Sprachen. An den meisten Universitäten werden Französisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch angeboten. Es gibt aber auch Ausnahmen, an der Uni Hamburg  etwa gibt es das Nebenfach Katalanisch. In der Regel wählen Studierende zwei Sprachen, die sie mit gleichem Zeitaufwand studieren.

Die einzelnen Sprachen können auch auf Lehramt studiert werden, um sie später an einer Schule zu unterrichten. Wer sich dafür entscheidet, belegt zusätzliche Veranstaltungen in Pädagogik. Die Uni Bonn  hat einen exemplarischen Studienverlaufsplan für Lehramtsstudierende erstellt.

Berufsaussichten nach dem Studium

»Ich möchte mein Italienisch und Französisch immer mehr perfektionieren, dieses Ziel motiviert mich, dranzubleiben. Deshalb möchte ich meinen Master ebenfalls in Romanistik machen. Mit diesem Abschluss bin ich später breit aufgestellt und kann in verschiedene Branchen einsteigen. Mich zieht es wie viele aus meinem Studiengang in die Kulturindustrie. Ich habe bereits ein Praktikum im Lektorat eines Verlages gemacht, allerdings auf Deutsch.

Für unseren Fachschaftsrat bin ich aktuell für die Organisation von Events zuständig, in Zukunft könnte ich mir das auf einer professionellen Ebene vorstellen. Deshalb habe ich mich kürzlich um Praktika an Goethe-Instituten in Frankreich im Bereich Veranstaltungsplanung beworben. Sie fördern die internationale kulturelle Zusammenarbeit und den Bildungsaustausch.

Meine Kommilitoninnen und Kommilitonen streben auch Karrieren in der Forschung, im Journalismus oder als Übersetzer an. Dafür sind oft weitere Qualifikationen wie ein Master oder Volontariat nötig.«

Branchen und Gehälter

Romanistik-Absolvent:innen können in eine Vielzahl von Branchen einsteigen. Dazu gehören unter anderem Jobs in Verlagen, in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, im Projekt- und Kulturmanagement oder als Übersetzer:innen. Mitunter werden zusätzliche Qualifikationen gefordert, die man zum Beispiel durch Werkstudierendenjobs, Praktika, Master oder Volontariate erwerben kann.

Das Gehalt fällt je nach Bereich und Beruf sehr unterschiedlich aus. Laut der Plattform Stepstone verdienen PR-Manager:innen  durchschnittlich 45.200 Euro Bruttojahresgehalt, Lektor:innen  36.900 Euro und Eventmanager:innen  38.200 Euro.