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Toolbox Drei Tricks, wie Sie Ihre Bitten richtig formulieren

Mitarbeitende fühlen sich schnell unter Druck gesetzt, Anfragen zuzusagen, obwohl sie lieber absagen würden. Das kann sie schnell demotivieren. Drei Tipps, wie Sie Ihre Bitten so formulieren, dass Ihre Mitarbeitenden wirklich die Wahl haben.
Feine Schwingungen können den Unterschied machen, wie frei sich Mitarbeitende dabei fühlen eine Anfrage abzulehnen

Feine Schwingungen können den Unterschied machen, wie frei sich Mitarbeitende dabei fühlen eine Anfrage abzulehnen

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[M] Getty Images

Wenn Sie Mitarbeitenden ein Projekt zuteilen, Ihr Team darum bitten, Überstunden zu arbeiten oder jemanden in letzter Minute für eine Aufgabe suchen, um eine Deadline einzuhalten, kann es sich manchmal so anfühlen, als wenn Sie das „Ja“ Ihrer Mitarbeitenden um jeden Preis bräuchten. Aber wie viel kosten diese erschlichenen Zusagen? Wenn Mitarbeitende sich unter Druck gesetzt oder gezwungen fühlen, einer Bitte Folge zu leisten, die sie eigentlich lieber abgelehnt hätten, kann dies Reue, Frustration und Unmut auslösen. Ein Mitarbeiter, der widerwillig zustimmt, erbringt vermutlich weniger gute Leistung oder macht zu einem ungünstigeren Zeitpunkt einen Rückzug.

Sie brauchen mehr als ein simples „Ja“ oder die Duldung Ihrer Bitte. Damit Mitarbeitende motiviert und engagiert bleiben und damit Sie nicht grenzüberschreitend handeln, indem Sie Mitarbeitende unbeabsichtigt zu einer Antwort drängen, brauchen Sie ihre ehrliche und freiwillige Zustimmung. Aber viele von uns wissen nicht, wie sie ihre Anfragen so formulieren, dass unser Gegenüber sich nicht unter Druck gesetzt fühlt.

Was die Forschung sagt

Studien zeigen, dass Menschen sich mehr unter Druck gesetzt fühlen, Anfragen zuzusagen, als wir uns bewusst sind. Dabei stimmen sie häufig Dingen zu, die sie lieber nicht tun würden. Dazu gehören lästige Fleißaufgaben , private digitale Informationen zugänglich zu machen  und sogar unethisch zu handeln . Indem wir einfach um etwas bitten – vor allem, wenn wir uns in einer Machtposition befinden – können wir jemanden zum Zug zwingen, weil es vielen schwerfällt, „nein“ zu sagen.

Autorinnen

Rachel Schlund

ist angehende Principal Forscherin an der University of Chicago, Booth School of Business. Derzeit schließt sie ihre Promotion in Organisationsverhalten an der Cornell University ab.

Roseanna Sommers

ist Assistent Professorin für Rechtswissenschaften an der University of Michigan. Dort leitet sie das Labor für Psychologie und Rechtswissenschaften.

Vanessa Bohns

ist Professorin für Organisationsverhalten an der Cornell University und Autorin des Buches "You Have More Influence Than You Think".

Damit Mitarbeitende sich nicht zu einer Zusage gedrängt fühlen, haben zahlreiche Forschende und Praktiker Strategien vorgeschlagen, wie Mitarbeitende eine Bitte verneinen können. So wurde ihnen beispielsweise geraten, selbstbestätigend zu denken , Ablehnungen klar zu formulieren  (etwa „Ich mache X nicht“, statt „Ich kann X nicht machen“) und „positive Neins“ oder „ja, nein, ja“ Strategien anzuwenden. So können sie Bitten, denen sie nicht zusagen möchten, ablehnen.

Bei diesen Interventionen liegt die Entscheidungsverantwortung jedoch ganz bei den Mitarbeitenden, die angefragt werden. Zudem ist es fragwürdig, wie effektiv und praktisch diese Strategien sind. Denn sie verlangen häufig komplizierte und mehrteilige Antworten, die unrealistisch sind, wenn Mitarbeitende spontan auf eine Bitte reagieren müssen.

Wie können die Personen, die eine Anfrage stellen, sie also so formulieren, dass die Mitarbeitenden sich bestärkt darin fühlen, eine freiwillige Entscheidung zu treffen? Eine gängige Methode ist, am Ende der Anfrage einfach zu sagen „aber Sie können natürlich auch nein sagen“. Untersuchungen  haben jedoch gezeigt, dass solche Zusicherungen wenig Einfluss darauf haben, wie frei sich das Gegenüber wirklich in seiner Entscheidung fühlt. Mitarbeitende wissen generell, dass sie eine Anfrage ablehnen können; das eigentliche Problem besteht darin, zu wissen, wie sie das tun – also im richtigen Moment die richtigen Worte zu finden und dabei das Gesicht zu wahren.

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Wie Sie richtig bitten

Hier sind drei auf Forschungen basierende Vorschläge dafür, wie Sie Ihre Anfragen so formulieren können, dass Ihre Mitarbeitenden eine ehrliche und selbst gewählte Antwort geben:

Lassen Sie Zeit zum Antworten

Wenn Mitarbeitende sofort antworten müssen, kann es ihnen schwerfallen, die richtigen Worte für ein „Nein“ zu finden. Die Wortlosigkeit, mit der sie in dem Moment zu kämpfen haben, kann dazu führen, dass eine Zustimmung lediglich der Weg des geringsten Widerstandes und keine ehrliche Antwort ist. Geben Sie immer Zeit zum Nachdenken, damit Ihnen niemand zustimmt, einfach nur, weil er nicht genug Zeit für eine Absage hatte. Das geht, indem Sie der Bitte etwa hinzufügen „Ich brauche nicht sofort eine Antwort, denken Sie darüber nach und melden Sie sich morgen bei mir.“

Bitten Sie um eine schriftliche Antwort

Eine E-Mail ist nicht das perfekte Medium, aber sie hat ihre Vorteile. Einer davon ist, dass man eine mögliche Absage so oft schreiben und umformulieren kann, bis man mit der Antwort zufrieden ist. Ob wirklich notwendig oder nicht, einige Menschen haben das Bedürfnis, sich ganz bestimmt auszudrücken, damit sie sich wohl dabei fühlen, „nein“ zu sagen. Eine E-Mail macht das möglich – ebenso wie andere schriftliche Medien. Eine offensichtliche Möglichkeit, jemanden zu einer Antwort per Mail zu bitten, ist, ihn per Mail zu fragen. Aber wenn Sie Ihr Anliegen persönlich vortragen möchten, können Sie die andere Person immer noch darum bitten, per E-Mail zu antworten.

Geben Sie Vorschläge für eine Absage

Aus unserer Forschung haben wir eine andere Möglichkeit abgeleitet, wie Sie Mitarbeitenden mehr Entscheidungsfreiraum bieten, selbst wenn Sie Ihre Bitte persönlich überbringen: Sagen Sie in der Anfrage bereits, wie Ihr Gegenüber absagen kann. Wir ließen in zwei Studien geschulte Forschungsassistenten eine heikle Bitte an Teilnehmende stellen, die die meisten lieber ablehnen würden: Sie sollten ihre passwortgeschützten Smartphones entsperren, damit die Assistenten sie in einem separaten Raum durchsuchen konnten. In einer Kohorte sagten die Forschungsassistenten den Teilnehmenden, dass sie ablehnen können: „Wenn Sie ablehnen möchten, können Sie das tun.“ In einer anderen Kohorte sagten sie den Teilnehmenden, wie diese sich durch eine vorgegebene Formulierung weigern können: „Wenn Sie ablehnen möchten, sagen Sie bitte 'Das möchte ich lieber nicht'“. Während diese Intervention wenig Einfluss darauf hatte, ob die Teilnehmenden der Aufforderung letztlich nachkamen, fühlten sich die Teilnehmenden der zweiten Kohorte freier in ihrer Entscheidung, was darauf hindeutet, dass ihre Zustimmung freiwilliger war.

Wenn es Ihr Ziel ist, zu erfahren, was Ihre Mitarbeitenden ehrlich tun möchten, anstatt ihnen einfach eine Zusage aufzudrängen, dann helfen die oben erwähnten Strategien dabei, mehr als nur ein „Ja“ zu bekommen.

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