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Vor Treffen mit Bund Mehrheit der Länder einigt sich bei Bezahlkarte

Beim Thema Bargeld und Bezahlkarte für Flüchtlinge haben die Bundesländer einen Plan. Der ist allerdings in einem entscheidenden Detail umstritten.
Wappen an der hessischen Landesvertretung in Berlin: Das Bundesland hat derzeit den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz inne

Wappen an der hessischen Landesvertretung in Berlin: Das Bundesland hat derzeit den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz inne

Foto: Hannes P Albert / dpa

Die Bezahlkarte und Bargeld für Flüchtlinge bleiben zwischen den Bundesländern ein strittiges Thema. Bei den Beratungen der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) in Berlin haben es die Länderchefs nicht geschafft, einen vollkommen geeinten Standpunkt zu finden. Das erfuhr der SPIEGEL aus Teilnehmerkreisen der internen Beratungen bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK).

Demnach gibt es zwar eine Formulierung, wie der Umgang mit der Bezahlkarte und Bargeldleistungen künftig gehandhabt werden soll. Die Regierungschefinnen und Regierungschefs verständigten sich »im Sinne einer Einheitlichkeit auf einen Bargeldbetrag von 50 Euro für jede volljährige Person«, heißt es in einem entsprechenden vorläufigen Protokoll der Beratungen. Alles über diesen Betrag hinaus soll via Bezahlkarte bei Geflüchteten ankommen.

Mehrere Länder melden Bedenken an

Allerdings haben mehrere Länder nach SPIEGEL-Informationen Bedenken gegen die 50-Euro-Lösung angemeldet. Drei Bundesländer verdeutlichen mit Protokollerklärungen, dass eine bundesweit festgelegte Summe für sie problematisch ist. Sie schlagen stattdessen einen je nach örtlichen Gegebenheiten abgestuften Bargeldbetrag von 50 bis 120 Euro vor.

Aktuell läuft eine Ausschreibung für einen Kartenanbieter, an der sich die meisten Länder mit Ausnahme Bayerns und Mecklenburg-Vorpommerns beteiligen. Die bundesweite Einführung der Karte ist für den Herbst geplant.

Hintergrund der Einführung der Bezahlkarte ist unter anderem, den Verwaltungsaufwand zu minimieren und vor allem die Möglichkeit zu nehmen, größere Mengen Bargeld ins Ausland zu transferieren. Das Guthaben auf der Bezahlkarte soll genutzt werden k��nnen, um quasi alle Waren und Dienstleistungen des alltäglichen Bedarfs zu bezahlen.

Bei den Bund-Länder-Beratungen ist die Bezahlkarte nur Teil eines größeren Themas: der Migrations- und Flüchtlingspolitik. Schon bei vergangenen Treffen gab es dazu Streit. Am heutigen Donnerstag soll ein Kassensturz gemacht werden, wie weit bisherige Beschlüsse umgesetzt worden sind. Das Thema ist auch deshalb sensibel, weil es als zentrales Wahlkampfthema für die Landtagswahlen im September in Sachsen, Thüringen und Brandenburg angesehen wird.

Streitpunkt Asylverfahren

Umstritten ist auch die Frage, ob Asylverfahren künftig in Transit- und Drittländern stattfinden sollen. Dieser Vorschlag trifft im Länderkreis auf viel Zustimmung. Es gibt aber auch Skepsis, ob die Idee praktikabel ist und – wie von den Befürwortern angegeben – zu einer Senkung der Asylzahlen in Deutschland führen würde.

Die entgegengesetzten Positionen in der Flüchtlingspolitik spiegeln sich daher auch in anderen Protokollerklärungen, die mehrere Länder dem Abschlussdokument ihrer internen Beratungen angefügt haben. Bayern und Sachsen etwa nennen die Verhandlungen »ernüchternd«. Seit 2022 sei immer wieder vergeblich auf den Bund eingewirkt und eine Wende in der Migrationspolitik gefordert worden. »Nennenswerte Ergebnisse ist der Bund bis zum heutigen Tage schuldig geblieben, die Zahlen des Zustroms gehen nicht einmal ansatzweise in dem erforderlichen Maße zurück.«

Die beiden Länder schlagen deshalb härtere Maßnahmen vor, etwa Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien, auch wenn dafür Verhandlungen mit den Taliban und Diktator Assad notwendig sind. Zudem fordern sie, ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder in Sofort-Arrest zu nehmen, bis sie freiwillig in ihre Herkunftsländer zurückgehen. Leistungen an Straftäter und Ausreisepflichtige sollten auf das »physische Existenzminimum« reduziert werden.

Thüringen vertritt einen entgegengesetzten Standpunkt, insbesondere auch zu Asylverfahren im Ausland. Das Italien-Modell mit Asylzentren in Albanien und das britische »Ruanda-Modell« entsprächen nicht europäischem Recht. »Anstatt Flüchtlinge in andere Staaten zur Asylprüfung zu verbringen, müssen endlich die Fluchtursachen bekämpft werden. Krieg, Verfolgung und Armut führen zu Flucht und erzwungener Migration. Es bleibt eine Illusion, durch eine Schlechterstellung individueller Geflüchteter die Gesamtsituation verbessern zu wollen.«

buc/cte/gud/ulz