Zum Inhalt springen

Russlands Luftschläge Selenskyj will mehr Waffen für Angriffe auf russische Stützpunkte

Wegen der russischen Luftschläge mit mehreren zivilen Opfern appelliert der ukrainische Präsident an die internationale Gemeinschaft. Sein Land brauche dringend mehr Waffen – auch für Angriffe gegen Russlands Stützpunkte.
»Wir können das alles nur mit mehr Luftverteidigungssystemen, nur mit mehr Langstreckenangriffen«: Wolodymyr Selenskyj

»Wir können das alles nur mit mehr Luftverteidigungssystemen, nur mit mehr Langstreckenangriffen«: Wolodymyr Selenskyj

Foto: Kirill Chubotin / Ukrinform / IMAGO

Wegen einer erneuten Zunahme russischer Luftangriffe hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die internationale Gemeinschaft um mehr Flugabwehrsysteme für sein Land gebeten. Er verwies dabei auf den jüngsten russischen Raketenangriff auf die Großstadt Dnipro, bei dem fünf Menschen getötet und über 50 weitere verletzt worden seien. Auch Wohngebäude und ein Krankenhaus sollen beschädigt worden sein.

»Es gab auch Raketenangriffe auf unsere anderen Regionen, Lenkbomben auf Charkiw und unsere Frontstellungen«, sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner abendlichen Videoansprache. Beim Angriff auf einen Vorort von Charkiw wurden nach ukrainischen Angaben 14 Menschen verletzt.

Zur Abwehr dieser Angriffe benötige die Armee seines Landes mehr Waffen, sagte Selenskyj. »Wir können das alles nur mit mehr Luftverteidigungssystemen, nur mit mehr Langstreckenangriffen auf die Stützpunkte und Luftstützpunkte der russischen Terroristen stoppen.«

Hoffnung auf Einigung bei Nato-Gipfel

Aktuell sind in der Ukraine vier Patriot-Flugabwehrsysteme im Einsatz. Zwei von ihnen wurden aus Deutschland zur Verfügung gestellt. Selenskyj hat den weiteren Bedarf seines Landes zuletzt auf mindestens sechs weitere Patriot-Systeme geschätzt. Die Ukraine hofft, dass es dazu beim Nato-Gipfel in der kommenden Woche eine Entscheidung gibt.

Der ukrainische Präsident hat zudem mehrfach von den Verbündeten die Erlaubnis eingefordert, die gelieferten westlichen Waffen auch gegen Ziele tief auf russischem Staatsgebiet – etwa gegen Militärflughäfen – einsetzen zu dürfen. »Wir erörtern all dies aktiv mit unseren Partnern auf allen Ebenen«, sagte der Staatschef.

Bisher darf das ukrainische Militär schwere Waffen nur im Frontgebiet sowie östlich von Charkiw im Grenzgebiet zu Russland einsetzen, weil die Verbündeten Sorge vor einer zu weitreichenden Beteiligung am Krieg mit Russland haben. Bei Angriffen tief im russischen Hinterland setzt die Ukraine Drohnen ein, die nicht so viel Sprengwirkung haben wie etwa Marschflugkörper oder Raketen.

Schwere Kämpfe und Infanterieangriffe in der Ostukraine

Die Umgebung der ostukrainischen Stadt Pokrowsk in der Region Donezk steht aktuell im Fokus des Frontgeschehens. Nach Darstellung der dort eingesetzten 47. mechanisierten Brigade der ukrainischen Streitkräfte versuchen russische Truppen, die Verteidigungslinien der Ukrainer zu durchbrechen. Dabei setze das russische Militär in erster Linie auf von Kampfdrohnen unterstützte Infanterieangriffe, sagte Brigadesprecherin Anastasija Blischtschik im Fernsehen.

»Dass wir seit einem Monat kaum gepanzerte Fahrzeuge auf dem Gefechtsfeld sehen, ist zumindest einzigartig, da ihnen (den Russen) diese Waffen ausgegangen sind«, sagte Blischtschik. Aufklärungsdrohnen zeigten »riesige Friedhöfe« zerstörter gepanzerte Fahrzeuge. Deswegen versuche die russische Seite, das Kampfgeschehen mit starken Infanteriekräften zu dominieren.

Nach Darstellung des Generalstabs in Kiew versucht das russische Militär, in der Region um Pokrowsk »die Schlagzahl zu erhöhen«. Entsprechend würden die Verteidigungslinien verstärkt und mehr Munition an diesen Frontabschnitt gebracht.

Auch rund um Tschassiw Jar, wenige Kilometer westlich der von Russlands Armee eroberten Stadt Bachmut, lieferten sich die Kriegsparteien schwere Kämpfe. Nach Darstellung ukrainischer Militärs versuchten russische Bodentruppen dort wiederholt, unter einem Schutzschirm von sogenannten Kamikaze-Drohnen und Artillerie in die ukrainischen Stellungen einzudringen. Die derzeitige Frontlage kann von unabhängiger Seite nicht eingeschätzt werden.

col/dpa