Zum Inhalt springen

Illustration: Patrick Mariathasan / DER SPIEGEL

Jan Petter

Alles Gute vom SPIEGEL Wie Brasiliens Kreative die Landesflagge von den Rechten zurückerobern

Herzlich willkommen zu Alles Gute, dem SPIEGEL-Newsletter mit ausschließlich guten Nachrichten. Schön, dass Sie da sind!

An dieser Stelle soll es um das Schöne gehen, um konstruktive Vorschläge und neue Ideen. Für viele von uns war die vergangene Woche ganz sicher keine leichte: Die Stabilität der Welt, so scheint es, bröckelt. In den USA hat gerade Joe Biden krachend die erste Fernsehdebatte gegen Donald Trump verloren. In Frankreich stehen die radikalen Rechten um Marine Le Pen vor dem Sieg. Auch in Brasilien ist die Sorge um die Demokratie groß. Aber es gibt auch Widerstand.

Ein Symbol des Kulturkampfes in dem südamerikanischen Land ist die grün-gelbe Landesflagge. Radikale Anhänger von Ex-Präsident Jair Bolsonaro haben sie zu ihrem Erkennungszeichen erkoren. Im vergangenen Jahr stürmten sie damit das Regierungsviertel in Brasília. Es geht um viel mehr als nur um ein Stück Stoff.

Bikinis in den Farben der brasilianischen Flagge am Strand Ipanema

Bikinis in den Farben der brasilianischen Flagge am Strand Ipanema

Foto: Maria Magdalena Arrellaga / DER SPIEGEL

Mein Kollege Gerald Traufetter hat in einer Favela in Rio de Janeiro den Mann getroffen, der die Flagge noch nicht aufgeben will. Sein Name ist Jean Martins, besser bekannt ist er als »Abacaxí« (Ananas). Seine wichtigste Waffe ist eine graue Nähmaschine von Singer. Der 25-Jährige ist Modedesigner in einer Favela, viele seiner Entwürfe zitieren die brasilianische Flagge.

Designer Abacaxí bei der Arbeit

Designer Abacaxí bei der Arbeit

Foto: Maria Magdalena Arrellaga / DER SPIEGEL

Für Abacaxí verkörpern die Farben viel mehr als nur sein Land. »Die Flagge steht für Kraft«, sagt er und erzählt von den Gewehrkugeln, die in seiner Kindheit nachts durch die Favela flogen. »Die Menschen haben Flaggen in die durchlöcherten Fenster und Türen gehängt.«

Er ist nicht der Einzige, der die Farben Grün und Gelb nicht den Bolsonaristen überlassen will. Inzwischen unterstützen auch brasilianische Künstler und Dragqueens den Kampf um Brasiliens Flagge, aber auch Weltstars wie Madonna.

Was mich zu der Frage führt: Kann ein Bikini-Designer wirklich Einfluss nehmen auf den Lauf der Welt? Es wäre eine törichte Vorstellung, aber auch eine ermutigende. Die ganze Geschichte lesen Sie hier .

Was diese Woche noch gut war – für die Welt:

Zahl der Scheidungen sinkt auf niedrigsten Stand seit 1990
In Deutschland sind 2023 weniger Ehen geschieden worden als noch im Jahr zuvor. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag mitteilte , wurden 2023 nur noch rund 129.000 Ehen geschieden. Der Rückgang ist Teil eines langfristigen Trends: Seit der Wiedervereinigung gab es nie weniger Scheidungen. Die Meldung können Sie hier lesen.

Das Eigenheim wird wieder erschwinglicher
Mehr als ein Viertel des monatlichen Haushaltseinkommens sollten Immobilienkäufer nicht für die Finanzierung ausgeben, raten Experten. Nach den jüngsten Lohnrunden und den Preisrückgängen ist das vielerorts wieder möglich. Das geht aus Daten des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) hervor.

Wien: Nirgendwo sonst lässt es sich so gut leben (in der Stadt)

Wien: Nirgendwo sonst lässt es sich so gut leben (in der Stadt)

Foto: Trifonov_Evgeniy / Getty Images

Wien zur »lebenswertesten« Stadt der Welt gekürt
Der britische »Economist« hat wieder eine Städte-Rangliste veröffentlicht. Wien erreichte die volle Punktzahl bei Stabilität, Gesundheitsversorgung, Bildung und Infrastruktur: Damit führt es zum dritten Mal das Ranking an. Am schlechtesten schnitt diesmal Tel Aviv in Israel ab: Die lebendige Metropole am Mittelmeer rutschte aufgrund des Krieges im Nahen Osten um 20 Plätze ab.

Wiener Würstelstände wollen Kulturerbe werden
Die Wiener Kaffeehauskultur, die Wiener Heurigen und der Wiener Walzer stehen bereits auf der Liste des immateriellen Kulturerbes in Österreich. Nun wollen die traditionellen Imbissbuden in der Hauptstadt die »Wiener Würstelstandkultur« ebenfalls aufnehmen lassen. Eine Initiative behauptet, der traditionelle Imbiss sei in Gefahr – und müsse geschützt werden.

Würstchen als Weltkulturerbe?

Würstchen als Weltkulturerbe?

Foto: Peter Widmann / IMAGO

Biden will wegen Homosexualität verurteilte US-Militärangehörige begnadigen
��Heute korrigiere ich ein historisches Unrecht«, erklärte der US-Präsident Joe Biden. Er plant die Begnadigung ehemaliger US-Soldaten, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität verurteilt worden waren. Jahrzehntelang galt gleichgeschlechtlicher Sex laut Militärstrafgesetzbuch als Straftat. Die Meldung können Sie hier lesen.

Abtreibungspille per Post ist laut US-Studie sicher
In den USA ist die Hürde für einen Schwangerschaftsabbruch in einer Klinik hoch, vor allem seit der Supreme Court das landesweite Recht auf Abtreibungen aufgehoben hat. Eine Alternative ist es, sich das Medikament Mifepriston per Post schicken zu lassen. Zuletzt hatten Abtreibungsgegner gegen die Zulassung geklagt – das Oberste Gericht der USA hält den Zugang aber aufrecht. Laut einer Studie der Univerity of California San Francisco ist ein Abbruch mit per Post gesendeten Pillen genauso sicher wie einer, bei dem die Patientinnen zuvor in einer Praxis ärztlich untersucht wurden.

Was gut ist – für Sie:

Sicherheitstipps für den Hotelaufenthalt
Diebe im Nachbarzimmer, schlecht gesicherte Safes, kopierte Schlüsselkarten: Wie sicher sind Wertsachen im Hotelzimmer aufgehoben? Experten erklären, worauf Sie in der Urlaubsunterkunft achten sollten. Die Checkliste finden Sie hier .

Wie wir uns im Urlaub erholen, auch wenn wir zu Hause bleiben
Es gibt so viele tolle Arten, Urlaub zu machen: Von Stadt zu Stadt durch Europa reisen, eine Woche am Strand verbringen oder durch verschlafene Bergtäler wandern. Aber wir müssen nicht verreisen, um von der Arbeit abzuschalten. Für die freie Zeit planen, das sollten wir aber schon. Erholungsforscherin Laura Venz gibt Tipps im SPIEGEL-Podcast Smarter leben meines Kollegen Lenne Kaffka.

Helfen Hunde gegen Depressionen?
Hunde können die mentale Gesundheit stärken und soziale Kontakte fördern, sagt die nordirische Psychologin Deborah Wells. Allerdings sei nicht jede Rasse dafür geeignet. Welche der Vierbeiner glücklicher machen, erfahren Sie hier .

Freund und Helfer auf vier Beinen

Freund und Helfer auf vier Beinen

Foto: Pavel Rodimov / iStockphoto / Getty Images

Warum Sie im Job nicht authentisch sein müssen
Ehrlich, unverbogen und wahrhaftig sollen sie sein, unsere Chefs und Chefinnen. Leider führt das Konzept der Authentizität in die Irre. Es ist Zeit, sich davon zu verabschieden. In diesem Gastbeitrag können Sie die Tipps der Karriereberaterinnen Dorothea Assig und Dorothee Echter nachlesen.

Vier Schritte, wie Paare nach einem Streit wieder zusammenfinden
Dass Paare streiten, gehört einfach dazu – es ist kein Indikator dafür, ob eine Beziehung glücklich ist oder nicht. Entscheidend ist, was nach der Auseinandersetzung passiert. Im Coaching-Artikel meiner Kollegin Marianne Wellershoff  lernen Sie, wie Sie in der Partnerschaft gut kommunizieren und sich wieder vertragen können.

Wie Paare wieder zusammenfinden: Es muss nicht immer Versöhnungssex sein

Wie Paare wieder zusammenfinden: Es muss nicht immer Versöhnungssex sein

Foto: Sophie Mayanne / Getty Images

Und sonst?

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch eine persönliche Geschichte meines Kollegen Leon Scherfig empfehlen. Er war in Elternzeit. Und zwar ein ganzes Jahr lang. Damit ist er ein »Unicorn in Deutschland, eine Seltenheit«, wie ihm ein Mitarbeiter des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung bestätigte.

Orte, an denen das weibliche Primat herrscht

Orte, an denen das weibliche Primat herrscht

Foto: vgajic / Getty Images

Die meisten Männer hierzulande belassen es bei einem oder zwei Monaten Elternzeit, die auch gern im gemeinsamen Familienurlaub in Thailand oder Kanada verbracht werden. Nicht so also Leon. Er blieb zu Hause und erkundete mit seiner Tochter viele Orte, »an denen das Primat der Weiblichkeit herrscht«. Er schwitze bei einem Rückbildungskurs, der als »Pilates mit Baby« angekündigt war. Er saß auf dem Spielplatz in Winterhude, lauschte unfreiwillig Frauen, die alles besprachen, vom Sex bis zur Schwiegermutter. Mitunter fühlte er sich wie ein unfreiwilliger Spion. Vor allem aber gelang es ihm immer wieder, gemeinsam mit seinem Kind die Welt für eine gewisse Zeit auszublenden. Das ist eine Erfahrung, die er mehr Männern wünscht – allein für solche Momente, findet er, habe sich das eine Jahr Elternzeit gelohnt. Seine Gedanken über das Vatersein können Sie hier nachlesen .

Was für motivierende und schöne Geschichten haben Sie zuletzt erlebt? Sind Sie Menschen begegnet, die Sie besonders faszinierend finden? Oder möchten Sie uns etwas erzählen, um anderen Mut zu machen? Schreiben Sie uns gern per Mail an GuteNachrichten.Newsletter@spiegel.de , was Ihre gute Nachricht der Woche war. Wie schon in der Vergangenheit wollen wir hier auch in naher Zukunft wieder Einsendungen von Ihnen vorstellen*.

Haben Sie ein entspanntes Wochenende! Und wenn Sie sich noch nicht für diesen wöchentlichen Newsletter angemeldet haben, können Sie ihn hier kostenlos bestellen.

Ihr Jan Petter, Europa-Reporter des SPIEGEL im Projekt »Globale Gesellschaft«

(*Mit einer Einsendung erklären Sie sich mit einer – auf Wunsch – anonymen Veröffentlichung auf SPIEGEL.de und sämtlichen anderen Medien der SPIEGEL-Gruppe einverstanden.)

Dieser Beitrag gehört zum Projekt Globale Gesellschaft

Unter dem Titel »Globale Gesellschaft« berichten Reporterinnen und Reporter aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa – über Ungerechtigkeiten in einer globalisierten Welt, gesellschaftspolitische Herausforderungen und nachhaltige Entwicklung. Die Reportagen, Analysen, Fotostrecken, Videos und Podcasts erscheinen in einer eigenen Sektion im Auslandsressort des SPIEGEL. Das Projekt ist langfristig angelegt und wird von der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) unterstützt.

Eine ausführliche FAQ mit Fragen und Antworten zum Projekt finden Sie hier.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version dieses Textes war ein falsches Bild zugeordnet. Wir haben es ausgetauscht.