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Toolbox Wie Ihre Mitarbeiter sich in Meetings mehr beteiligen

Eine geringe Beteiligung in Meetings kann viele Gründe haben, doch mit ein paar einfachen Methoden lässt sich diese nicht nur steigern, sondern auch das Teamverhalten stärken.
Schalter umlegen: Nicht immer verlaufen Meetings wie geplant, aber Führungskräfte haben viel Einfluss auf Kommunikation und Motivation ihrer Mitarbeitenden.

Schalter umlegen: Nicht immer verlaufen Meetings wie geplant, aber Führungskräfte haben viel Einfluss auf Kommunikation und Motivation ihrer Mitarbeitenden.

Foto: [M] Getty Images

Sue, eine ehemalige Kundin von mir, trat eine neue Stelle als Vizepräsidentin eines Fintech-Unternehmens an. Schnell stellte sie fest, dass ihr neues Team sich im Vergleich zu ihrem alten weniger beteiligte, zusammenarbeitete, hinterfragte und engagierte. Das zeigte sich besonders in Meetings.

Sues Probleme sind angesichts der weitverbreiteten Schwierigkeiten mit Meetings keine Überraschung. Untersuchungen  haben ergeben, dass neun von zehn Menschen während Besprechungen tagträumen, 50 Prozent Meetings als unproduktiv empfinden, es in 25 Prozent der Treffen um irrelevante Themen geht und 75 Prozent der Führungskräfte keine formale Schulung für die Moderation von Meetings hatten.

Geringe Beteiligungen in Meetings kann die Produktivität sinken lassen. Das hat verschiedene Gründe:

  • Geringe Zusammenarbeit. Wenn die Teilnehmenden sich nicht an einer Diskussion beteiligen oder währenddessen unaufmerksam sind, kann das Team nicht den vollen Nutzen aus einem Meeting ziehen, womit die Zeit aller Beteiligten verschwendet ist.

  • Herausforderung bei Entscheidungen. Wenn nur wenige Teilnehmende ihre Ansichten teilen, werden auch weniger Perspektiven beleuchtet, was zu suboptimalen Entscheidungen führt.

  • Wenig Teamgeist. Mangelnde Beteiligung kann dem Zusammenhalt des Teams schaden. Einige Teammitglieder fühlen sich dadurch emotional distanziert vom Team oder nicht genügend wertgeschätzt.

  • Vergeudete Zeit und Ressourcen. Meetings, in denen wenig Austausch stattfindet, können Teammitgliedern das Gefühl geben, sie könnten ihre Zeit mit anderen Aufgaben besser nutzen.

Es gibt eine Reihe an herkömmlichen Ratschlägen, die Führungskräften dabei unterstützen sollen, den Austausch von Teilnehmenden in Meetings zu fördern. Manager sollen ihre Erwartungen kommunizieren, eine klare Agenda aufstellen und Fragen offen formulieren. Während diese Strategien ihre Vorteile haben, funktionieren sie aber nicht immer. Das liegt daran, dass die Maßnahmen nicht auf den Bedürfnissen des Teams beruhen, sondern nur auf den Annahmen der Führungskräfte. So folgte Sue einigen der Ratschläge, manche Teammitglieder änderten ihr Verhalten dennoch nicht und ihre Meetings waren trotz der Maßnahmen nicht effektiver als vorher.

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Wie gebe ich richtig Feedback? Was bringt mein Team zusammen? Wie gehe ich die nächsten Karriereschritte an? In der Toolbox des Harvard Business managers finden Führungskräfte direkt umsetzbares Wissen für Ihren Führungsalltag.

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Managerinnen und Manager wie Sue, die sich in Teammeetings mehr Engagement wünschen, müssen eine sichere, inklusive Teamkultur fördern. Dafür benötigen sie ein tiefes Verständnis für das individuelle Team, wofür sie sowohl persönliche als auch Gruppendynamiken berücksichtigen müssen.

Persönliche Dynamiken

Die individuellen Stärken, Schwächen, Hoffnungen und Ängste von Teammitgliedern zu verstehen und darauf einzugehen, ist der Schlüssel, um ein integratives und partizipatives Umfeld zu fördern. Die Selbstwahrnehmung von Menschen und ihre persönlichen Eigenschaften können sie darin einschränken, sich zu engagieren. Introvertiertheit, mangelndes Selbstvertrauen, Selbstzweifel , oder das Gefühl, eigene Beiträge seien irrelevant, können dazu führen, dass eine Person sich nicht traut, ihre Gedanken zu teilen.

Sue stellte fest, dass offene Fragen in Teambesprechungen nicht zu einer besseren Beteiligung führten. In Einzelgesprächen hingegen fühlte sich ihr Gegenüber sicher. Dadurch konnte sie anhand der offenen Fragen wertvolle Erkenntnisse gewinnen und das zukünftige Engagement fördern.

Deshalb sollten Sie Einzelgespräche  mit zurückgezogeneren Mitarbeitenden führen. Für einen positiven Einstieg in das Gespräch empfiehlt sich, zu Beginn eines Gespräches die Leistung des Gegenübers anerkennen. Stellen Sie dann offene Fragen, um herauszufinden, was die Person von den Teammeetings hält. Zum Beispiel: Wie findest du deine Rolle und Beiträge in Meetings? Hast du persönliche Herausforderungen oder Bedenken, die deine aktive Teilnahme beeinflussen? Was können wir an unseren Besprechungen ändern, damit du dich motivierter fühlst, dich zu beteiligen? Wie kann ich dich darin unterstützen, dass du dich wohl damit fühlst, Ideen zu äußern?

Wenn Sie herausgefunden haben, welche persönlichen Aspekte das Engagement Ihres Gegenübers beeinflussen, können Sie die Person darum bitten, sich aktiver einzubringen. Sie könnten sagen:

Ich möchte, dass du weißt, dass deine Ideen und dein Feedback nicht nur willkommen sind, sie sind sogar ausschlaggebend für unseren Erfolg. Ich würde mich freuen, wenn du bei unserem nächsten Meeting deine Gedanken zu [spezifisches Thema/Projekt] teilst. Dafür werde ich genügend Raum schaffen, sodass du dich in Ruhe und offen äußern kannst. Deine Perspektive ist einzigartig und kann uns dabei helfen, Dinge zu erkennen, die wir sonst vielleicht übersehen würden. Wie findest du das?

Gruppendynamiken

Ein weiterer entscheidender Faktor für die Beteiligung in Meetings ist, wie Teammitglieder miteinander umgehen. So können etwa Sprachbarrieren oder kulturelle Unterschiede leicht zu Missverständnissen führen. Machtdynamiken, die unter anderem mit Geschlecht, sexueller Orientierung, Neurodivergenz oder ethnischer Herkunft zusammenhängen, können Menschen einschüchtern und zum Schweigen bringen, ebenso wie dominante Stimmen, die andere übertönen.

Angesichts dieser Machtdynamiken sollten Sie Ihren Teammitgliedern zeigen, dass Sie sie wertschätzen und sie sich in einem sicheren Raum befinden, in dem sie sich einbringen können.

Zeigen Sie Wertschätzung.

Hier erfahren Sie, wie Sie klare Erwartungen an Ihr Team formulieren und wie sie gleichzeitig zeigen, dass Sie dessen Beitrage schätzen. Der Schlüssel liegt darin, an der Kultur zu arbeiten, damit das gesamte Team davon profitiert. Fokussieren Sie sich also nicht nur auf eine Person, die sich nicht genügend in Meetings beteiligt. Ziel ist, eine psychologisch sichere Umgebung für Ihr Team zu schaffen und nicht nur die Beteiligung in Besprechungen zu erhöhen.

  • Definieren Sie die gewünschten Verhaltensweisen. Erklären Sie, welche Art von Team sie gerne hätten und welches Verhalten Sie sich von Ihrem Team wünschen, um eine Kultur zu schaffen, in der sich alle unterstützen. So können Sie sagen: „Als Team unterstützen wir uns gegenseitig, stellen uns Herausforderungen gemeinsam und kommunizieren transparent und kommunikativ.“

  • Leben Sie das Ziel vor. Zeigen Sie in Ihren Interaktionen Einfühlungsvermögen und beteiligen Sie sich an gemeinschaftlichen Problemlösungen. Ihre Handlungen setzen den Ton für die Teamkultur.

  • Bestärken und anerkennen. Geben Sie positives Feedback, wenn ein Teammitglied das gewünschte Verhalten zeigt. Zum Beispiel: „Ich würde gerne etwas anmerken. Alex, ich fand es gut, wie du Jordans Beitrag gewürdigt hast. Das ist genau die Unterstützung, die wir in unserem Team möchten. So schaffen wir eine Kultur, in der jede Perspektive Gehör findet und wertgeschätzt wird. Danke Alex, dass du das gezeigt und uns ein positives Beispiel gegeben hast.“

  • Zur Teilnahme auffordern. Wenn Sie dieses Verhalten in jedes Meeting und jede Interaktion integrieren, wird das mit der Zeit auch die Beteiligung fördern. Wenn Sie das nächste Teammeeting planen, können Sie beispielsweise sagen: „Lasst uns vor der Diskussion über [Thema] kurz an unser Teamverhalten erinnern: Wir unterstützen uns gegenseitig, gehen Herausforderungen gemeinsam an und sprechen transparent und konstruktiv. Ich möchte alle ermutigen, ihre Gedanken und Fragen zu teilen, weil eure individuellen Perspektiven unser Team bereichern. Lass uns dieses Meeting produktiv und inklusiv gestalten, sodass jede Stimme gehört wird.“

Schaffen Sie einen sicheren Raum.

Auf Gruppenebene beeinflussen Aspekte wie eine ineffektive Moderation, mangelnde Strukturen und nicht inklusives Verhalten die Beteiligung. Darauf wies mich Tope Awotona, der CEO von Calendly, einem Terminplanungs-Softwareunternehmen, kürzlich hin. So hemmen durch Gewohnheit etablierte Gesprächsreihenfolgen (wie der dienstälteste Mitarbeiter beginnt) die Spontanität der anderen Mitglieder. Untergruppen innerhalb des Teams (wie die älteren Mitglieder gegenüber den jüngeren) können ebenfalls eine Echokammer und ein ungleiches Machtverhältnis in Diskussionen schaffen.

Eine unterstützende Teamkultur zu fördern, ist essenziell, wenn Sie sich eine aktivere Teilnahme an Meetings von Ihrem Team wünschen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Teammitglieder das Risiko eingehen, ihren Standpunkt mitzuteilen? Ist Ihr Team unterstützend oder konkurrenzorientiert?

Überlegen Sie, die folgenden Änderungen auf Gruppenebene vorzunehmen, um die psychologische Sicherheit in Meetings zu erhöhen:

  • Führen Sie neue Rituale ein. Beginnen Sie jedes Meeting damit, alle an die Teamkultur und dementsprechend gewünschtes Verhalten zu erinnern: „Willkommen zum Treffen X. Wir sind Team Y und uns sind im Umgang miteinander drei Dinge besonders wichtig: Wir unterstützen uns, wir gehen Herausforderungen gemeinsam an und wir kommunizieren transparent und konstruktiv.“ Das setzt einen positiven Ton und kommuniziert klare Erwartungen. Wenn Sie dieses Ritual regelmäßig durchführen, zeigt sich das durch eine steigende Beteiligung.

  • Hinterfragen Sie existierende Rituale, die einschränkend sein könnten. Um etwa zu gewährleisten, dass Probleme während eines Meetings gelöst werden, sollten Sie klar kommunizieren, dass Schweigen als Zustimmung gewertet wird.

  • Verbessern Sie die Meetingstruktur und Moderation. Stellen Sie sicher, dass es eine klare Agenda gibt und Erwartungen im Voraus klar sind. Alle sollten wissen, warum diese Besprechung stattfindet, warum sie wichtig und relevant ist und was von ihnen erwartet wird. Das hilft Teammitgliedern, sich vorbereitet zu fühlen, wodurch sie eher dazu bereit sind, sich zu beteiligen.

  • Ermöglichen Sie unterschiedliche Formen von Beteiligungen. Lassen Sie immer andere die Besprechung moderieren. Wenn Sie leiseren Teammitgliedern eine strukturierte Rolle zuteilen, kann sie das zum Sprechen ermutigen. Bieten Sie auch unterschiedliche Möglichkeiten der Teilnahme an und achten Sie darauf, neurodiverse Personen zu berücksichtigen. Dafür können Sie vor, während und nach dem Meeting auch schriftliche Beiträge erlauben. So stellen Sie sicher, dass jeder auf seine bevorzugte Art und Weise etwas beitragen kann.

  • Vermeiden und adressieren Sie Ablenkungen. Identifizieren und adressieren Sie Verhaltensweisen, durch die Meetings aus dem Ruder laufen. Das könnte unter anderem sein, dass Teammitglieder mit Vermutungen um sich werfen oder sich in Katastrophenszenarien verlieren.

  • Machtdynamiken konfrontieren. Setzen Sie sich aktiv dafür ein, dass alle Stimmen gleichermaßen gehört werden. Das kann auch bedeuten, dass Sie Stimmen von unterrepräsentierten Gruppen bekräftigen und gegebenenfalls selbst aufgreifen und paraphrasieren.

Als Führungskräfte müssen wir eine Teamkultur schaffen, in der jedes Mitglied nicht nur angehört wird, sondern seine Perspektive auch mit Spannung erwartet wird. Eine Kultur, in der sich alle wohlfühlen, ihre Meinung zu äußern, auch wenn sie gegen die der anderen geht. Es ist unsere Aufgabe, diese inklusive und sichere Kultur zu schaffen. Wir sollten die leisen Stimmen bekräftigen, den Status quo infrage stellen und diverse Perspektiven willkommen heißen. Fragen Sie Ihr Team: „Was können wir besser machen?“ Und lassen Sie sich von den Antworten zu einem engagierteren und lebendigeren Verhalten in Meetings leiten.

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