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Kaufverhalten Der Nutri-Score wirkt – nur nicht wie gedacht

Seit 2020 soll die Lebensmittelampel zum Kauf hochwertigerer Produkte anregen. Nun zeigt eine Studie: Das funktioniert durchaus. Allerdings nicht ganz so, wie es die Macher des Siegels geplant hatten.
Bestnote beim Nutri-Score: Konsumenten kaufen nicht unbedingt mehr, wenn die Verbraucherampel auf Grün steht

Bestnote beim Nutri-Score: Konsumenten kaufen nicht unbedingt mehr, wenn die Verbraucherampel auf Grün steht

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Kermalo / Rea / laif

Seit mehr als vier Jahren zeigt der Nutri-Score Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland nun schon an, wie die Nährwerte eines verarbeiteten Produktes im Vergleich zu einem anderen derselben Gruppe einzuordnen sind. Er kann also Orientierung geben, wenn man sich etwa zwischen zwei verschiedenen Müslis entscheiden möchte. Die Lebensmittelindustrie ist nach wie vor skeptisch. Und Verbraucherzentralen stören  sich an zu wenig Differenziertheit, etwa weil ungesunde und gesunde Fette bislang nicht unterschiedlich bewertet wurden. Mittlerweile ist die Bewertungsgrundlage angepasst: Unternehmen, die den Nutri-Score freiwillig verwenden, müssen sie bis 2026 umstellen.

Doch eine Studie  zur Wirksamkeit des Nutri-Score-Nudgings zeigt: Schon jetzt lassen sich Kundinnen und Kunden von den Urteilen der Lebensmittelampel beeinflussen. Das Forschungsduo aus Köln und Ústí nad Labem untersuchte das Kaufverhalten von 296 Menschen, indem es ihnen drei Produkte aus verschiedenen Kategorien zeigte – zuerst ohne und dann mit Nutri-Score – und in beiden Fällen ihre Kaufabsicht abfragte. Anders als die Forschenden vermutet hatten, bevorzugten die Teilnehmenden jedoch nicht Produkte mit positivem Nutri-Score, sondern mieden jene mit negativer Bewertung. Der Effekt bestand unabhängig von Alter und Geschlecht. Das Team führte dieses Ergebnis auf die Tatsache zurück, dass die Lebensmittelampel unter Konsumenten zwar bekannt ist – 73 Prozent gaben an, sie und ihre Bedeutung zu kennen –, viele aber nicht genau wissen, wie der Nutri-Score entsteht.

Wie Verbraucherschützer sieht auch das Forschungsteam die Gefahr der Irreführung: Der Nutri-Score verwende Kennzahlen, mit deren Hilfe Unternehmen ihr Produkt gesünder wirken lassen könnten, ohne es in Wahrheit gesünder zu machen. Dem soll der überarbeitete Nutri-Score einen Riegel vorschieben. Außerdem, so fordern die Wissenschaftler, brauche es eine bessere Aufklärung der Bevölkerung. © HBm 2024

Quelle: Yvette Skretkowicz, Jens K. Perret: „Der Nutri-Score – Eine quantitative Studie zur Wirksamkeit visuellen Nudgings auf das Konsumentenverhalten��, International Journal of Applied Research in Management and Economics, 2023

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