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„Wegen guter Führung“ „Ich bin mehr als die Person, die alle kannten“

Berufliche und persönliche Veränderungen scheitern meist schon beim ersten Schritt. Fridtjof Detzner gründete vor dem Abi das erfolgreiche Start-up Jimdo. Nach einer Reise erfand er sich völlig neu. Seine Erfolgsfaktoren für den Neustart.

Hätte, könnte, wollte, sollte. Meist kommen wir bei persönlichen Veränderungen nicht über Möglichkeiten und Gedankenspiele hinaus. Studien zeigen: Die größte Hürde bei Veränderung  ist der erste Schritt. Unternehmer Fridtjof Detzner hat bereits mit 16 einen großen Schritt gewagt. Während andere über Musik, Surfen und das Abi nachdachten, gründete er mit Freunden die Website-Baukasten­-Firma Jimdo.

Rund 18 Jahre später erfand sich Detzner ein zweites Mal neu als grüner Investor . Damals, im Jahr 2015, zog er sich aus dem operativen Geschäft zurück, anfangs nur im Rahmen eines Sabbaticals. Er wurde angefragt für eine Dokumentation, in deren Rahmen er 120 Tage durch Asien reiste. Im Zuge der Recherche erlebte er die Folgen des Klimawandels hautnah: Hunger, Umweltzerstörung und Dürre. „Es war viel krasser, als ich geahnt hatte, ich erlebte eine Art Schock“, sagt er. Nach 120 Drehtagen stieg Detzner in den Flieger nach Hause, und ihm war klar: Er will nicht einfach zurück in sein altes Leben.

Wegen guter Führung – Der ehrliche Führungspodcast
Foto: [M] Alexander Hagmann

Antonia Götsch, Chefredakteurin des Harvard Business managers, meldet sich alle zwei Wochen mit „Wegen guter Führung“. Sie spricht mit anderen Führungskräften und Expert:innen aus der Wissenschaft. Ehrlich, fundiert, offen und auch mal lustig. Sie teilt, was sie selbst gelernt hat, woran sie scheitert, und sie versucht, auch ihren Gästen zu entlocken, was sie sonst nur ihren Vertrauten verraten.

Alle Folgen

Drei Faktoren halfen ihm dabei, sich als Unternehmer völlig neu zu erfinden.

1. Naiv sein

Der Begriff Naivität ist in der Regel negativ besetzt. Dabei sei Naivität gar nicht so weit entfernt von dem, was wir als Mut bezeichnen, sagt Detzner. „In beiden Fällen legt man los, ohne dass man die Situation ganz überblickt.“ Er selbst habe gespürt, dass es Mitte 30 schwieriger war, den ersten Schritt zu wagen, als mit 16. Schließlich hatte er deutlich mehr zu verlieren. Nach seiner Reise wurde Detzner klar, dass er sich für eine nachhaltige Wirtschaft engagieren will. Er gründete den Fonds Planet A, mit der Idee, bei jeder Investition zu hinterfragen, welchen Einfluss diese auf den Planeten hat. Immer wieder hörte er, seine Idee sei naiv und idealistisch. Detzner machte trotzdem weiter. Sein Rat: eine Veränderung möglichst spielerisch anzugehen. „Der Druck kommt ja früh genug.“

2. Verbündete suchen

„Ich hatte das Gefühl, relativ lange allein an diesem Ort für die Veränderung zu stehen“, sagt Detzner. Er wusste, dass er nicht zurück in sein altes Leben wollte, aber kam nicht voran auf dem Weg nach vorn. Als er andere Gründerinnen und Gründer kennenlernte, die seine Idee gut fanden und ihn bestärkten, wurde auch der nächste Schritt leichter. „Selbstreflexion funktioniert paradoxerweise am besten, wenn wir uns mit anderen austauschen. Wenn wir Antworten und Mitgefühl bekommen, wenn uns Fragen gestellt werden und wir Erfahrungen miteinander teilen“, analysiert die Wissenschaftlerin Herminia Ibarra . Das sei auch einer der Gründe, warum potenzielle Jobwechsler stark von Weiterbildungskursen profitieren. Schon ein Gespräch über mögliche Pläne und Träume kann helfen, die Gedanken zu ordnen. Auch Detzner stellte fest: Eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten hilft, sich die richtigen Fragen zu stellen und den Mut zu fassen, über sich hinauszuwachsen. „Die Gruppe macht einen resilienter und stärker“, sagt er. Nachdem er bereits Jimdo mit Freunden gegründet hatte, startete er Planet A mit fünf weiteren Personen. „Ich würde nie wieder allein gründen“, sagt er.

3. Identität und Ziele hinterfragen

Eine Veränderung verläuft praktisch nie linear. Wer seine Möglichkeiten ausloten will, sollte mit möglichen Zielen und Identitäten experimentieren  – diese hinterfragen und neu definieren. Als Detzner in Asien Armut und Umweltverschmutzung hautnah mitbekam, war das für ihn eine Art Schock, der ihn durchrüttelte und veränderte. Freunde und Familie zu Hause konnten das anfangs nur teilweise nachempfinden. „Die Menschen, die mich kannten, hatten natürlich ein Bild im Kopf, wer ich bin und was mich ausmacht“, sagt Detzner. Auch er brauchte Zeit, um alte Gewohnheiten und Glaubenssätze über sich selbst loszulassen. Fachleute nennen diesen Zustand des Übergangs Liminalität . In dieser Phase scheint die Vergangenheit abgeschlossen, die Zukunft jedoch noch ungewiss, unterschiedlichste Gefühle gehören dazu. „Rückblickend kann ich sehen, dass die Phase der Unsicherheit und Neuorientierung wichtig war, um zu erkennen: Ich bin mehr als diese Person in der Rolle, wie mich die Welt kennt“, sagt Detzner. „Ich musste das Alte loslassen, damit das Neue kommen kann.“

Im Podcast „Wegen guter Führung“ hören Sie, welche Rolle der Surfsport für Fridtjof Detzners Gründungen spielte und wie er mit Rückschlägen umging.

In "Wegen guter Führung – der ehrliche Führungspodcast" spricht Antonia Götsch, Chefredakteurin des Harvard Business managers, alle zwei Wochen mit Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Sport über Führung, Strategie und Management. "Wegen guter Führung" erscheint 14-täglich hier sowie auf Spotify  und Apple  im Podcast.

Anmerkung der Redaktion: Am 2. Mai verkündete das Gründer-Trio von Detzners erstem Start-up Jimdo einen bemerkenswerten Schritt. Die drei Gründer kaufen ihr Unternehmen von den Investoren Spectrum Equity und Global Founders Capital zurück. Detzner sitzt nach wie vor im Board des Unternehmens.

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