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„Wegen guter Führung“ „Manchmal frage ich mich: Warum tue ich mir das an?“

Vorständin und Mutter – das ist ein Thema, über das nur wenige Führungsfrauen sprechen. Verena Amann war nicht nur die erste Frau im Vorstand des börsennotierten Energieversorgers MVV, sie trat ihre Rolle schwanger an. Ein Kulturbruch.
Breiflecken und durchwachte Nächte: Wenn andere aufstehen, ist Verena Amann oft schon lange wach und hat ihre zwei Kinder fertig für den Kindergarten gemacht

Breiflecken und durchwachte Nächte: Wenn andere aufstehen, ist Verena Amann oft schon lange wach und hat ihre zwei Kinder fertig für den Kindergarten gemacht

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MVV Energie

Podcast Cover

„Wenn ich morgens um neun am Meetingtisch sitze, habe ich manchmal das Gefühl, ich bin schon zweimal um die Welt geflogen“, sagt Verena Amann. „Ich habe die Kinder mehrfach an- und umgezogen und mich selbst, weil ich schon wieder fleckig war.“

Amann war 2019 nicht nur die allererste Frau im Vorstand des börsennotierten Mannheimer Energieversorgers MVV. Sie hat diesen Job auch schwanger angetreten. Sie ist eine der wenigen Vorständinnen, die offen darüber spricht, wie sie Familie und Karriere zusammenbringt. Die meisten Spitzenführungskräfte versuchen eher anonym in der Rolle zu bleiben. „Das hat auch mit Selbstschutz zu tun“, sagt Amann. „Aber wenn man einen neuen Job schwanger antritt, gibt man ziemlich viel von sich preis, ob man will oder nicht.“ Inzwischen hat die Managerin zwei Kinder, zwei und vier Jahre alt, und ihren Vertrag als Personalvorständin um fünf Jahre verlängert bis 2027. Fünf Tipps und zwei Einstellungen, die ihr den Alltag erleichtern.

Wegen guter Führung – Der ehrliche Führungspodcast
Foto: [M] Alexander Hagmann

Antonia Götsch, Chefredakteurin des Harvard Business managers, meldet sich alle zwei Wochen mit „Wegen guter Führung“. Sie spricht mit anderen Führungskräften und Expert:innen aus der Wissenschaft. Ehrlich, fundiert, offen und auch mal lustig. Sie teilt, was sie selbst gelernt hat, woran sie scheitert, und sie versucht, auch ihren Gästen zu entlocken, was sie sonst nur ihren Vertrauten verraten.

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1. Allein meine Familie und ich sind mein Maßstab“, sagt Amann. Das sei für sie eines der wichtigsten Learnings aus vier Jahren als Mutter und Spitzenführungskraft: sich nicht mit anderen Müttern oder Vorständen ohne familiäre Verpflichtungen zu vergleichen oder deren Erwartungen zu übernehmen. „Das ist mein Glück, unser Glück. Unser Familienmodell muss für uns funktionieren.“

2. Bereits vor der Geburt des Kindes planen. Jungen Frauen rät Amann, vor der Geburt eines Kindes eine Vereinbarung mit ihren Arbeitgebern, aber vor allem mit ihren Partnern zu treffen und sehr konkret über die Aufteilung von Aufgaben zu sprechen. „Das ist ungefähr so romantisch wie der Ehevertrag, den man vor der Hochzeit verhandelt, aber enorm wichtig, um nicht unbewusst in Rollenerwartungen zu rutschen.“

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3. Strukturieren, um Mental Load zu reduzieren. „Es gibt fast immer einen Default Parent, in fast jeder Kombination“, sagt Amann. „Das ist der Mensch, der weiß: Wenn am Samstag Fußball ist, muss am Donnerstag das Trikot gewaschen sein und am Freitag hängen.“ Dieser Elternteil trägt den höchsten Mental Load. Vor allem, wenn nicht konsequent geplant wird. Sie rät: strukturieren und planen, auch in dem Wissen, dass sich mit Kindern der Plan permanent ändern kann. „Mein wichtigstes Tool ist der Apple-Kalender.“

4. Betreuungskette aufbauen. Ein Tipp, den Amann von anderen Führungsfrauen bekam: sich nicht nur eine Betreuung, sondern eine Betreuungskette organisieren – mehrere Personen, die die Kinder gut kennen und die einspringen können, wenn jemand ausfällt. Die Schwiegereltern sind nur die allerletzte Notlösung. Sie holte sich zur Unterstützung eine Nanny, die ihre Kinder zu Hause betreut.

5. Einkäufe liefern lassen. „Die Liefergebühr zu vergessen, das musste ich als Schwäbin auch erst lernen“, sagt Amann. „Aber es macht so viel aus, wenn abends die Einkaufstüten vor der Tür stehen.“ Durch die Entlastung bei solchen Aufgaben könne sie die freie Zeit wirklich mit ihren Kindern verbringen. Bei 60, 70 Stunden Arbeitszeit pro Woche sei jede Stunde Familienzeit wertvoll.

6. Nicht alles schaffen wollen. „Ich habe es noch auf keinen Elternabend geschafft bisher“, sagt Amann. „Ich kann nicht bei jedem Kindergartenfest beim Auf- und Abbauen helfen.“ Für sie war es wichtig, in diesen Momenten ihren Frieden mit sich selbst zu machen und sich ins Bewusstsein zu rufen, dass sie nicht überall präsent sein kann. „Dafür mache ich andere Dinge und das ist okay.“

7. „Natürlich geht es bequemer“, sagt Amann. „Und manchmal frage ich mich: Warum tue ich mir das an?“ Zweifel gehörten dazu, genau wie glückliche Momente in der Familie und im Unternehmen. Die Kernfrage sei in ihren Augen: „Habe ich in beiden Rollen eine Wirksamkeit, die mir eine Erfüllung gibt?“ Dieses Gefühl trage sie durch stressige Zeiten.

Wie ihre Kollegen im Vorstand auf die Nachricht ihrer Schwangerschaft reagiert haben und welche Glaubenssätze über Mutterschaft Verena Amann losgelassen hat, hören Sie im Podcast „Wegen guter Führung“.

In „Wegen guter Führung – der ehrliche Führungspodcast“ spricht Antonia Götsch, Chefredakteurin des Harvard Business managers, alle zwei Wochen mit Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Sport über Führung, Strategie und Management. „Wegen guter Führung“ erscheint 14-täglich hier sowie auf Spotify  und Apple  im Podcast.

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