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„Wegen guter Führung“ „Auf den Umsatz verzichten wir gern“

Jörg Ehmer, Deutschlandchef von Burger King, ist überzeugt: Führungskräfte müssen Haltung zeigen, indem sie sich gegen Diskriminierung und Rechtsextremismus engagieren. Auch wenn das mitunter bedeutet, Kunden des Ladens zu verweisen.
Das Interview führte Antonia Götsch

Lieber Herr Ehmer, Sie beziehen schon seit Jahren öffentlich Stellung gegen Rechtsextremismus, unter anderem in einem persönlichen Blog. So klare Worte sind ungewöhnlich für eine Führungskraft aus der Wirtschaft. Sagen wir es so: Das Schweigen war lange ziemlich laut.

In letzter Zeit hat das Engagement meinem Eindruck nach zugenommen – und das ist wichtig. Wer eine Stimme hat, sollte diese nutzen. Natürlich müssen die Aussagen dann auch mit einer Haltung und klaren Zielen verbunden sein – und nicht nur ein kurzer Post zu einem Thema, das gerade öffentlich diskutiert wird. Ich hoffe aber, dass die Berichterstattung über die Abschiebepläne der AfD ins Bewusstsein gerückt haben, wo wir bereits stehen und wie stark sich der politische Diskurs verschoben hat.

Jörg Ehmer

Der 57-Jährige hat viele Branchen kennengelernt. Er begann seine Karriere bei Vodafone, wurde dann Vorstand bei der Handelskette Electronic Partners. Neun Jahre stand er an der Spitze von Apollo Optik. Im Dezember 2023 wurde er der neue CEO von Burger King-Deutschland. Keine leichte Aufgabe, das Unternehmen machte Schlagzeilen, weil ein Investigativ-Team um den Journalisten Günter Wallraff Verstöße gegen Hygiene- und Arbeitsvorschriften bei großen Burger-King Franchisnehmern aufdeckte. Ehmer engagiert sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus und schreibt dazu auch auf seinem persönlichen Blog ehmers-blog.de

Studien zeigen, dass viele Topmanagerinnen und -manager fürchten, eine politische Aussage könnte Stakeholder verschrecken, zum Beispiel Kunden oder Mitarbeitende. Welche Erfahrung haben Sie gemacht?

Ich erinnere mich gut an eine Veranstaltung in meiner vorherigen Rolle als CEO bei Apollo Optik. Eine Filialleiterin fragte mich während einer Diskussionsrunde, wie sie damit umgehen solle, wenn eine Mitarbeiterin diskriminiert werde von Kundinnen und Kunden, weil sie ein Kopftuch trage. Ich habe damals spontan gesagt, wenn jemand sich derart danebenbenimmt und auch nicht entschuldigt, könnt ihr diesen Menschen rausschmeißen. Auf den Umsatz verzichten wir gern. Diese Haltung habe ich dann per E-Mail mit allen im Unternehmen geteilt und auf meinem Blog gepostet. Sehr viele Mitarbeitende haben sich in den darauffolgenden Wochen bei mir bedankt für meine offenen Worte. Führungskräfte sollten sich nicht von rechten Narrativen in die Irre leiten lassen. Die Mehrheit der Menschen steht hinter unserer Demokratie, unserem Rechtsstaat und unseren Grundwerten. Und ich glaube, es ist ein wichtiges Signal, wenn sich diese Mehrheit stärker hörbar macht.

Wegen guter Führung – Der ehrliche Führungspodcast
Foto: [M] Alexander Hagmann

Antonia Götsch, Chefredakteurin des Harvard Business managers, meldet sich alle zwei Wochen mit „Wegen guter Führung“. Sie spricht mit anderen Führungskräften und Expert:innen aus der Wissenschaft. Ehrlich, fundiert, offen und auch mal lustig. Sie teilt, was sie selbst gelernt hat, woran sie scheitert, und sie versucht, auch ihren Gästen zu entlocken, was sie sonst nur ihren Vertrauten verraten.

Alle Folgen

Wo sehen Sie die besondere Rolle von Führungskräften?

Es ist die Pflicht eines Unternehmens, Mitarbeitenden den Rücken zu stärken, die rassistisch beleidigt werden oder Diskriminierung erleben. Führungskräfte müssen klarmachen: Wir tolerieren das nicht. Rassismus und Diskriminierung haben Konsequenzen, ohne Ansehen der sonstigen Erfolge und Leistungen der diskriminierenden Person.

Haben Sie sich aus diesem Grund auch schon von Mitarbeitenden getrennt?

Ja. Es gab nicht massenhaft Vorfälle, aber einige. Ich erinnere mich zum Beispiel an einen ziemlich krassen Fall von Homophobie, der zur Trennung geführt hat. In solchen Momenten ist es mir ehrlicherweise auch fast egal, wie wasserdicht diese Trennung arbeitsrechtlich ist. Um die betroffenen Mitarbeitenden zu schützen und glaubwürdig zu bleiben, müssen Führungskräfte handeln. Man kann nicht sagen, das ist uns wichtig, aber wir haben nicht den Mut, Konsequenzen zu ziehen.

Der Arbeitsplatz ist einer der wenigen verbleibenden Orte in der Gesellschaft, wo Menschen zusammenkommen, die unterschiedliche Meinungen und Standpunkte vertreten. Das ist auch eine Chance, als Gesellschaft in Verbindung zu bleiben. Wie können Führungskräfte mit dieser Verantwortung umgehen?

Es geht nicht darum, Vorschriften zu machen oder eine politische Meinung vorzugeben. Als Führungskraft trage ich allerdings Verantwortung dafür, dass die berühmten roten Linien nicht überschritten werden, etwa wenn Menschen diskriminiert und in ihrer Würde angegriffen werden. Ich gebe keine Wahlempfehlung ab. Aber ich sage schon öffentlich: Überlegt euch, wen ihr wählt und welche Aussagen diese Partei macht. Da versuche ich, möglichst präzise zu sein und kommunikativ zu unterscheiden zwischen der AfD und meinen Aussagen über Menschen, die diese Partei wählen. Ich glaube und behaupte zum Beispiel nicht, dass alle AfD-Wähler rechtsradikal sind. Sie unterstützen aber eine Partei, die Menschen in ihrer Mitte nicht nur toleriert, sondern in leitenden Funktionen hat, die man, rechtlich abgesichert, als Faschisten bezeichnen kann.

Im Podcast „Wegen guter Führung“ erfahren Sie mehr über Ehmers persönlichen Weg als CEO und seine Gedanken zu wertebasierter Führung.

In „Wegen guter Führung – der ehrliche Führungspodcast“ spricht Antonia Götsch, Chefredakteurin des Harvard Business managers, alle zwei Wochen mit Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Sport über Führung, Strategie und Management. „Wegen guter Führung“ erscheint 14-täglich hier sowie auf Spotify  und Apple  im Podcast.

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