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Milliardenwerte am Meeresboden Die Schätze der versunkenen »San José«

Schatzsucher träumen davon, zur »San José« hinabzutauchen. Die Stelle, wo die 1708 vor Südamerika versenkte spanische Galeone am Meeresboden liegt, ist abgeriegelt. Ihre Fracht könnte Milliarden einbringen. Nur Wissenschaftler dürfen in die Tiefe.
Kanonen am Meeresgrund in 600 Meter Tiefe: Die wertvolleren Teile der Ladung lösen Begehrlichkeiten aus

Kanonen am Meeresgrund in 600 Meter Tiefe: Die wertvolleren Teile der Ladung lösen Begehrlichkeiten aus

Foto: Colombian Presidency / AFP

Die Galeone »San José« galt einst als der Stolz der spanischen Flotte, heute ist sie eher als »heiliger Gral unter den Schatzschiffen« bekannt. Vor einer möglichen Bergung von Gold, Silber und Edelsteinen im Milliardenwert hat die kolumbianische Regierung die geheime Fundstelle nun zum archäologischen Schutzgebiet deklariert und eine wissenschaftliche Erforschung in Gang gesetzt.

Der Dreimaster mit 62 Kanonen an Bord führte im Jahr 1708 die spanische Silberflotte in südamerikanischen Gewässern an. Nach einer erbitterten Seeschlacht gegen die Schiffe des britischen Admirals Charles Wager sank das Schiff vor der kolumbianischen Küste auf den Meeresgrund – und mit ihm Gold, Silber und Edelsteine im Milliardenwert. Rund 600 Seeleute kamen dabei ums Leben.

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Schatzschiff in 600 Meter Tiefe

Foto: Colombian Presidency / AFP

Systematische Erforschung

Das Wrack war 2015 in einer Tiefe von 600 Metern in der Nähe der Halbinsel Barú geortet worden. Jetzt beginnt Kolumbien mit der systematischen Erforschung des gesunkenen Schiffes.

In der ersten Phase werden mit ferngesteuerten Sensoren Bilder des Wracks angefertigt, wie das Kolumbianische Institut für Anthropologie und Geschichte (ICANH) mitteilte. Damit soll in einer zweiten Phase ein Katalog mit allen Fundstücken auf dem Meeresgrund erstellt werden. Später könnten auch ein U-Boot und ferngesteuerte Roboter zum Einsatz kommen, um Filmaufnahmen zu machen, das Wrack zu vermessen und weitere Daten zu sammeln.

Schutzgebiet gegen kommerzielle Interessen

Eine Bergung des Wracks oder archäologischer Fundstücke sei derzeit nicht vorgesehen, teilte das ICANH mit. Zunächst sollen die Daten der ersten Erkundungsphase ausgewertet werden, dann werde über weitere Schritte beraten.

Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro hatte allerdings bereits mehrfach erklärt, er wolle den Schatz heben und in einem neuen Museum in der Hafenstadt Cartagena ausstellen. Die Funde sind dabei nicht nur von archäologischem Wert. Auf ihrer letzten Fahrt hatte die »San José« Millionen Gold- und Silbermünzen, sowie wertvolle Edelsteine an Bord. Schätzungen zufolge könnte die Ladung zwischen drei und 17 Milliarden US-Dollar wert sein.

Die kolumbianische Regierung erklärte die Fundstelle, deren genaue Lage geheim gehalten wird, zu einer geschützten archäologischen Stätte. »Die Erklärung stellt eine einzigartige Gelegenheit dar, die wissenschaftlichen Herausforderungen der Tiefseeforschung zu bewältigen«, hieß es in einer Mitteilung des Kulturministeriums. »Insbesondere wird es das Wissen über den transozeanischen Handel, die Anfänge der Globalisierung und die Silberflotte im frühen 18. Jahrhundert vertiefen und das Verständnis für den Übergang zwischen den Schiffstechnologien dieser Epoche fördern.«

Möglicherweise will sich Kolumbien mit der Ausweisung der Fundstätte als archäologisches Schutzgebiet aber auch für künftige juristische Auseinandersetzungen rüsten. »Es ist das erste Mal in unserem Land, dass eine versunkene Kulturstätte zum archäologischen Schutzgebiet erklärt wird«, sagte Kulturminister Juan David Correa. »Das gibt uns rechtliche Mittel und einen Plan zum Schutz des Gebietes an die Hand.«

Spanien fordert Schätze für sich

Spanien hat bereits Ansprüche auf das Wrack angemeldet. Madrid beruft sich auf eine Unesco-Konvention über den Schutz von Gütern auf dem Meeresgrund. Nach diesem Abkommen gehören gesunkene Kriegsschiffe dem Staat ihrer Herkunft. Kolumbien hat die Konvention allerdings nicht unterzeichnet. Das US-Unternehmen Sea Search Armada, das das Wrack bereits in den Achtzigerjahren geortet haben will, beansprucht die Hälfte des Gewinns. Und auch das indigene Volk der Qhara Qhara aus Bolivien, dessen Vorfahren einst in den Silberminen von Potosí schuften mussten, wollen ein Stück des Schatzes abhaben.

tmk/dpa