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Große Eruptionen Vulkanausbrüche auf Island könnten noch Jahrzehnte dauern

In der am dichtesten besiedelten Region Islands schießt immer wieder Lava aus der Erde. Fachleute haben die Quelle nun genauer analysiert. Demnach sind die jüngsten Ausbrüche erst der Anfang.
Grindavik im Juni 2024: Rote Lava nahe der Küste

Grindavik im Juni 2024: Rote Lava nahe der Küste

Foto: Marco Di Marco / dpa

Die jüngsten Vulkanausbrüche auf Island könnten Forschenden zufolge noch Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte dauern. Die am dichtesten besiedelte Region des Landes sowie die lebenswichtige Infrastruktur sind dadurch möglicherweise noch lange bedroht, wie aus einer Studie internationaler Forschender hervorgeht, die am Mittwoch im Fachblatt »Terra Nova« veröffentlicht wurde.

Im Jahr 2021 begann die Ausbruchsserie auf der Reykjanes-Halbinsel im Südwesten der Insel, nur rund 55 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Reykjavík. Allein seit Dezember vergangenen Jahres kam es zu fünf größeren Vulkanausbrüchen. Dabei strömte Lava aus länglichen Rissen in der Erde hervor, weshalb man diese Art von Ausbrüchen auch als Spalteneruption bezeichnet. Einige Häuser wurden dabei von Lava erfasst.

In der betroffenen Region lebt ein Großteil der Bevölkerung der Nordatlantik-Insel. Zudem liegen dort der einzige internationale Flughafen und mehrere geothermische Kraftwerke, die Warmwasser und Strom für das Land liefern. Zuletzt sei die Halbinsel vor knapp 800 Jahren vulkanisch aktiv gewesen, heißt es in der Studie.

Magma mit ähnlichen Eigenschaften

Für ihre Untersuchung haben die Forschenden Erdbebendaten der vergangenen drei Jahre ausgewertet und Lava-Proben von mehreren Orten genommen. Sie verglichen die Lava, die an verschiedenen Orten aus der Erde strömte, in Bezug auf die chemischen und physikalischen Eigenschaften. So wollten sie darauf schließen, ob es von derselben Magma-Kammer im Untergrund stammt oder von verschiedenen Kammern.

Tatsächlich handelt es sich den Untersuchungen zufolge um Magma mit ähnlichen petrografischen Eigenschaften. Das lasse auf ein zusammenhängendes unterirdisches Magma-System schließen, schreiben die Forschenden. Zusammen mit den seismischen Daten kommen sie zu dem Schluss, dass es sich um eine moderat große Magma-Ansammlung in einer Tiefe von etwa neun bis elf Kilometern handelt, die sich über eine Breite von zehn Kilometern erstreckt. Herausgebildet habe sie sich zwischen den Jahren 2002 und 2020.

Das Forschungsteam kommt zu dem Schluss, dass die aktuelle Ausbruchsserie der Beginn einer langen Episode sein könnte. Aber wie lange die Serie wirklich dauere, könnten sie nicht vorhersagen. »Die Natur ist nie regelmäßig«, sagte Co-Autor Ilya Bindeman, Vulkanologe und Professor für Geowissenschaften an der Universität von Oregon in den USA. »Wir wissen nicht, wie lange und wie häufig sie in den nächsten zehn oder gar hundert Jahren anhalten wird. Es wird sich ein Muster herausbilden, aber die Natur weist immer Ausnahmen und Unregelmäßigkeiten auf.«

Island liegt auf dem Mittelatlantischen Rücken, also der tektonischen Plattengrenze, an der sich die nordamerikanische und die eurasische Platte auseinanderschieben. In Island kommt es deswegen häufig zu Vulkanausbrüchen, doch dauern die Ausbrüche der zentraler gelegenen Vulkane meist nur wenige Tage oder Wochen, so wie im Jahr 2010 der Ausbruch des Vulkangletschers Eyjafjallajökull. Die Spalteneruptionen hingegen können viel länger dauern. Bereits Ende 2023 hatten Fachleute vermutet, dass die jüngsten Ausbrüche auf Island der Beginn einer neuen Ära großer Eruptionen sein könnten (ein Interview dazu lesen Sie hier).

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung der Meldung stand, zuletzt sei die Reykjanes-Halbinsel vor knapp 800 Jahren vulkanisch inaktiv gewesen. Korrekt ist, dass sie damals zuletzt aktiv war. Wir haben den Fehler korrigiert.

jme/dpa