Zum Inhalt springen

Klimawandelprofiteure Droht eine Verquallung der Ozeane?

Quallen gehören zu den Gewinnern des Klimawandels. Wissenschaftler warnen: Die Tiere dringen verstärkt in den Arktischen Ozean vor. Besonders stark könnte sich die als Feuerqualle bekannte Gelbe Haarqualle verbreiten.
Gelbe Haarqualle: Die steigenden Wassertemperaturen der Weltmeere nutzen den Nesseltieren

Gelbe Haarqualle: Die steigenden Wassertemperaturen der Weltmeere nutzen den Nesseltieren

Foto: Joan J. Soto-Angel / dpa

Quallen gehören zu den Gewinnern des Klimawandels – im Gegensatz zu vielen anderen Meeresbewohnern. Wegen der steigenden Wassertemperaturen der Weltmeere könnten sie künftig immer weiter in den Arktischen Ozean vordringen. Das zeigen Forschende des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in einer Studie.

Das Team setzte in einem Computermodell acht arktische Quallenarten steigenden Wassertemperaturen aus, die Forschende wegen des Klimawandels erwarten. Das Ergebnis: Bis auf eine Ausnahme könnten alle untersuchten Spezies ihren Lebensraum ausgehend vom Zeitraum 1950 bis 2014 bis zum Zeitraum 2050 bis 2099 deutlich Richtung Arktis ausdehnen. Die Studie wurde im Fachmagazin »Limnology and Oceanography«  veröffentlicht.

Quallen setzen sich durch

Besonders stark könnte sich demnach die als Feuerqualle bekannte Gelbe Haarqualle, die in der Ostsee vorkommt, Richtung Norden ausbreiten. »Sie kann ihren Lebensraum fast verdreifachen«, sagte AWI-Meeresbiologin Charlotte Havermans. Lediglich eine untersuchte Art (Sminthea arctica) verzeichnete laut dem Modell einen Rückgang um 15 Prozent, da sie sich bei hohen Temperaturen in kältere Tiefen zurückzieht.

Quallen könnten sich unter Klimastress oft gegen Nahrungskonkurrenten wie Fische durchsetzen, sagte Erstautor Dmitrii Pantiukhin. In Spitzbergen hat die Kronenqualle laut den Fachleuten bereits einen ganzen Fjord übernommen.

»Viele Quallen ernähren sich von Fischlarven und Eiern und verzögern oder verhindern so eine Erholung von unter Druck geratenen Fischpopulationen, die zudem meist auch noch durch den Menschen stark bewirtschaftet werden«, sagte Pantiukhin.

Spanien, Sitges: Eine Spiegeleiqualle (Cotylorhiza tuberculata) schwimmt im Meer im knietiefen Wasser neben Badenden

Spanien, Sitges: Eine Spiegeleiqualle (Cotylorhiza tuberculata) schwimmt im Meer im knietiefen Wasser neben Badenden

Foto: Thomas Müller / dpa

Nachhaltige Fischerei

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen würden bereits von einer drohenden globalen »Verquallung« der Ozeane sprechen, sagte Pantiukhin weiter. Das zeige sich auch daran, dass in den letzten 15 Jahren Menschen am Mittelmeer häufiger von Quallenstichen betroffen seien, sagte Havermans.

Unklar sei noch, wie sich der Vormarsch der Nesseltiere Richtung Norden auf die arktischen Fischbestände auswirke. »Vieles spricht dafür, dass wichtige arktische Fischspezies wie der Polardorsch, dessen Larven und Eier häufig von Quallen gefressen werden, noch stärker unter Druck geraten«, sagte Havermans. Management-Pläne im Fischereibereich sollten die dynamische Entwicklung berücksichtigen, wenn sie stark befischte Bestände künftig nachhaltig bewirtschaften wollen.

Quallen profitieren laut den Fachleuten auch von Überfischung und Nährstoffeinträgen.

alw/dpa