Zum Inhalt springen

Plan für Klimaneutralität Habeck will CO₂-Speicherung auf hoher See ermöglichen

Die Bundesregierung will die Speicherung von CO₂ tief unter dem Meeresgrund vor der deutschen Küste ermöglichen. Damit sollen klimaschädliche Branchen ihre Emissionsziele erreichen können. Die Technik ist umstritten.
Offshore-Plattform im Ölfeld Nini West zwischen Dänemark und Norwegen: Speicherplatz auf dem Meeresgrund

Offshore-Plattform im Ölfeld Nini West zwischen Dänemark und Norwegen: Speicherplatz auf dem Meeresgrund

Foto: FJ-MCAULEY / INEOS Energy / dpa

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will für besonders klimaschädliche Branchen die unterirdische Speicherung von CO₂ ermöglichen. Dies solle auf hoher See geschehen, sagte der Grünenpolitiker am Montag in Berlin. »Die Technik ist sicher.« Das CO₂ bleibe in der Erde. An Land solle die Speicherung weiter untersagt bleiben. Auch Meeresschutzgebiete würden von der Speicherung ausgenommen.

Es brauche jetzt aber Gesetzesänderungen, um den Transport von abgeschiedenem CO₂ aus Industrieprozessen per Pipeline zu erlauben, sagte Habeck. Er geht dabei über Formulierungen hinaus, die seine Partei zuletzt mitgetragen hatte.

Laut Wirtschaftsministerium liegt der Fokus auf schwer oder nicht vermeidbaren CO₂-Emissionen. Hier sind staatliche Förderungen vorgesehen. Die Grünen hatten auf ihrem Bundesparteitag Ende November 2023 allerdings nur einen Kursschwenk bei unvermeidbaren Emissionen mitgetragen. Zuvor hatte die Partei die Technik strikt abgelehnt.

Die Abscheidung und Speicherung von CO₂ – CCS genannt – soll helfen, das langfristige Ziel zu erreichen, bis 2045 klimaneutral zu werden. Dies sei nicht in allen Branchen möglich, weswegen CCS als wichtiger Baustein zur Ergänzung gilt, sagte Habeck. Die Bundesregierung habe sich auf ein erstes Eckpunktepapier verständigt. Dieses dürfte nun in den nächsten Monaten im Detail diskutiert werden.

Konkret soll nun das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz geändert werden. Damit soll ein Rechtsrahmen für den Aufbau einer CO₂-Pipelineinfrastruktur geschaffen und die Speicherung auf hoher See ermöglicht werden. Habeck sagte, er rechne mit einer zügigen Verständigung innerhalb der Bundesregierung, sodass das Kabinett dann zustimme könne. Auch der Bundestag solle, obwohl es ein schwieriges Gesetz sei, rasch grünes Licht geben.

Wann die Speicherung dann Realität werde, könne er nicht genau sagen. Es würden einige Jahre vergehen. Platz im Meer sei aber ausreichend vorhanden. Das Pipelinenetz solle von privaten Firmen betrieben werden.

Unterstützung von Klimaforscher Edenhofer

Die Speicherung ziele auf Branchen ab, die nach aktuellem Stand nur schwer oder gar nicht klimaneutral werden könnten, erläuterte Habeck. Der deutsche Klimaforscher Ottmar Edenhofer betonte, ohne CO₂-Speicherung werde Deutschland seine Klimaziele nicht erreichen.

Klimakrise

Lesen Sie mehr über die neuesten Entwicklungen, Hintergründe und spannenden Lösungsansätze in unserem Themenspezial.

Alle Artikel

CCS steht für »Carbon Capture and Storage«. Gemeint ist, dass CO₂ etwa bei industriellen Prozessen eingefangen, zu einer unterirdischen Lagerstätte gebracht und dort gespeichert wird. Das gilt als sehr teuer und es ist umstritten, auf welche Produktionsbereiche die Technik angewendet werden sollte.

Manche Umweltverbände warnen, es könne beim Klimaschutz international dann noch langsamer vorangehen. Wenn CO₂ wieder eingefangen werden könne, werde man sich weniger um vorherige Vermeidung bemühen.

»Im Zentrum unserer Anstrengungen steht immer, Emissionen erst gar nicht entstehen zu lassen«, betonte Habeck. Die staatliche Förderung solle auf schwer oder nicht vermeidbare Emissionen fokussiert werden.

»Sonst sind die Klimaziele unmöglich zu erreichen«, warb Habeck für die Speicherpläne. Er verwies auf andere Länder wie Norwegen, die einen ähnlichen Weg gingen. CCS sei eine Ergänzung der Klimapolitik, wenn andere Maßnahmen nicht funktionierten. Auch in Dänemark, den Niederlanden und Großbritannien gebe es Projekte, die am besten miteinander abgestimmt werden sollten.

Die Deutsche Umwelthilfe sprach von »lebensverlängernden Maßnahmen für fossile Gaskraftwerke«. Außerdem werde die Nordsee in einen Entsorgungspark umgewandelt. »Wir fordern das Bundeskabinett und den Bundestag auf, diesem Vorschlag nicht zuzustimmen.«

Auch Greenpeace kritisierte die Pläne. Die Strategie trage die Handschrift der Industrie. Sie erlaube ein »Weiter-so« und bremse Maßnahmen zur Emissionsvermeidung, so Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid. Eine gigantische Entsorgungsinfrastruktur solle entstehen. »Der grenzüberschreitende Handel mit CO₂-Müll fördert ein neues Geschäftsmodell: Je mehr CO₂ entsteht, umso mehr Geld lässt sich verdienen.« Außerdem sei wissenschaftlich nicht erwiesen, dass die CO₂-Endlager dauerhaft dicht blieben.

mmq/bem/Reuters/dpa