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Kochbuch-Tipps Was Hobbyköche von Rach, Henssler und Mälzer lernen können

Drei der beliebtesten Fernsehköche Deutschlands haben neue Bestseller veröffentlicht. Unser Experte hat sich die Rezeptsammlungen angeschaut.
Kochbücher: Vom Kanon deutscher Kulinarik-Klassiker bis zur Rezeptsammlung für ambitionierte Kochnovizen

Kochbücher: Vom Kanon deutscher Kulinarik-Klassiker bis zur Rezeptsammlung für ambitionierte Kochnovizen

Foto: Cavan Images RF / Getty Images

Rund um Weihnachten buhlen drei der beliebtesten TV-Köche der Nation mit neuen Rezeptbüchern um Gunst und Geldbeutel ihrer Gefolgschaft: Christian Rach rührt sich in »Deutsche Küche« durch Teutonenklassik, Steffen Henssler wagt sich gleich an »Hundert Klassiker« und Tim Mälzer will uns »Vierundzwanzigsieben kochen«, also rund um die Uhr. Alle drei Bücher sind erwartungsgemäß Bestseller – doch was bringen sie wirklich für ambitionierte Hobbykochschaffende?

Dieser Text enthält sogenannte Affiliate-Links, über die der Verlag, aber nie der Autor individuell, bei Verkäufen eine geringe Provision vom Händler erhält.

Christian Rach: »Deutsche Küche«

Ex-Sternekoch Rach

Ex-Sternekoch Rach

Foto: IMAGO/Thomas Bartilla / IMAGO/Future Image

Der einstige TV-»Restauranttester« hängt von allen drei TV-Mützen die Latte am höchsten, will er doch mit 66 Jahren seine Karriere abrunden und gleich die ganze »Deutsche Küche« und ihre zeitgemäße Zubereitung zwischen zwei Buchdeckel pressen. Wohl wissend, damit in sehr große Fußstapfen zu treten von Buchlegenden wie Schuhbecks »Deutschland« oder das Teubner-Standardwerk von 2013 (608 Seiten).

Die 150 Rezepte des Ex-Sternekochs funktionieren über weite Strecken der 416 Seiten hervorragend. Vor allem, wenn es gilt, deutsche Plumpsküchen-Schwere zu aktualisieren und in leichte, moderne Gerichte zu verwandeln. Das gelingt sehr gut bei Klassikern wie Birnen, Bohnen und Speck mit ungeschälten Minifrüchten im Bacon-Mantel, dem zeitgemäß entzuckerten Fliederbeersüppchen mit Schneeeiern oder Huhn in Riesling, einem Südwest-Liebling, der hier mit nur 150 Gramm Sahne für vier Portionen auskommt.

Nebenbei erfährt man auch viel über regionale Schrulligkeiten. Zum Beispiel, dass die Saarländer gern Zwetschgenkuchen zur Schnippelbohnensuppe essen und im ganz hohen Norden statt Butter ein Schmalz aus Räucherfisch-Resten auf das Brot mit Aal geschmiert wird.

Großartig rezeptiert und immens speichelflussfördend sind viele der zahlreichen Rezepte auf pflanzlicher Basis wie Bunte-Bete-Salat mit gepufftem Buchweizen und gepickelte Perlzwiebeln und die »Himmel un Ääd«-Variante mit Bratapfelscheiben, karamellisiertem Chicorée und Selleriepüree. Ebenfalls ein Sonderlobkärtchen holt sich Rach dafür ab, dass er der Tradition jüdischer Küche in Deutschland und auch der DDR-Cuisine eigene Kapitel gewidmet hat. Damit können endlich alle auch Goi Knishes, Matzeknödel oder Käse-Blintzes kochen – und Ostschmaus wie Letscho, Soljanka oder Bollenfleisch sind nun auch vor Besserkocherwessis nicht mehr sicher.

Etwas irritierend wirken die vielen offenbar um 45 Grad gedrehten Bilder mit meist ovalen Tellern, die im Querformat nicht auf die Hochkantseite gepasst haben. Das sieht oft aus, als würde gleich das ganze Essen vom Teller auf die Hose des Lesenden rutschen.

Und das führt zugleich zu den eher schattigeren Seiten dieser sonnigen Rezeptsammlung. Es sind kleine Fehlerchen: holzige Radieschen statt dem in der Zutatenliste genannten Radi zum Obazden und ein mit pürierten Kohlrabi-Blättern grützegrün koloriertes Leipziger Allerlei. Bei der gefüllten Kalbsbrust wird kein Wort darüber verloren, wo und wie tief die Tasche für die Füllung ins Fleisch geschnitten werden muss. Die Rouladen werden leider auf der Herdplatte röststoffarm gekocht statt im Ofen geschmort.

Rach verschweigt beim Rinder-Kesselfleisch, dass man es erst komplett durchkühlen muss, um es in so schicke dünne Scheiben wie auf dem Bild schneiden zu können. Der derbe Steckrübeneintopf mit Schweinekochwürstchen soll mit laffer Gemüsebrühe statt mit einem kräftigen Kalbs- oder Rinderfond gekocht werden – und beim Grünkohl kann man mit diesem Rezept vor dem Kochen gleich schon mal die Hälfte der Gäste wieder ausladen: Ein Kilogramm ungeputzter Kohl macht am Ende maximal zwei Esser satt, aber nie und nimmer vier.

Wer braucht das? Alle, die den Kanon deutscher Kulinarik-Klassiker endlich mal viel besser runterkochen wollen als Oma, Mutti und Onkel Rudi zusammen.

Typisches Rezept? »Wirsingrouladen mit Wildfleischfüllung, Quitten und Kastanien«

Was kostet das? 59 Euro

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Christian Rach

Deutsche Küche

Verlag: Südwest
Seitenzahl: 416
Für 59,00 € kaufen

Preisabfragezeitpunkt

17.07.2024 08.25 Uhr

Keine Gewähr

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Steffen Henssler: »Hundert Klassiker: Lieblingsrezepte – einfach gemacht!«

Fernsehkoch Henssler

Fernsehkoch Henssler

Foto: Marcus Brandt / dpa

Der Hamburger Fischkoch Henssler vereint in der Rezeptauswahl von »Hundert Klassiker« (264 Seiten) deutsche Klassik und internationale Alltagskost wie Bolognese, Lasagne, Tiramisu, Vitello Tonnato, Mac’n’Cheese oder Mousse au Chocolat. Insgesamt, das zeigen auch die inhaltlich eher redundanten Doppelseiten der Kapitel mit Tipps und Tricks, richtet sich das Buch eher an Kochnovizen: Einsteiger, die eine klassische Einteilung (Fleisch, Fisch, Pasta, Gemüse, Suppen, Salate etc.) zur Orientierung brauchen und es vielleicht sogar hilfreich finden, vom Fernsehonkel erklärt zu bekommen, wie man einen Gurkensalat, ein Bauernfrühstück, einen Kartoffelsalat oder ein Rührei (sic!) zubereitet. Henssler rezeptiert, wo immer das sinnvoll möglich ist, nicht für vier, sondern für zwei Portionen – auch das nennt man perfekte Zielgruppenansprache.

Ebenso finden sich in dem Klassik-Hunderter angenehm wenig formale Fehler wie beispielsweise die fatale Salzzugabe im ersten Ansatz der Fleischbrühe. Die wäre nur nötig, wenn man das Suppenfleisch hinterher essen möchte. Bei der Brühe sorgt das Salz aber dafür, dass die aromatischen Osmoseprozesse behindert werden und auch nach viereinhalb Stunden Kochzeit noch nicht wie gewünscht das komplette Fleischaroma ausgelaugt wurde.

Die Rouladen werden leider auch hier auf der Herdplatte ausgekocht, was im Text dann fälschlicherweise als »Schmoren« bezeichnet wird. Ebenfalls legt sich die Koch-Stirn in Falten, wenn Königsberger Klopse mit gemischtem Hack statt Kalb pur rezeptiert sind, der Labskaus mit Bete-Scheiben aus dem Pickles-Glas versäuert wird oder das Rad der kulturellen Aneignung beim »Asia Bratreis« überspannt wird. Geräucherter Bauchspeck ist in Asien eher ein ungebräuchliches Lebensmittel.

Andererseits kann hier manchmal sogar der geübtere Hobbykoch etwas dazulernen. In den Tipps zum Rezept für Zanderfilet mit Senfsauce ist etwa zu lesen, dass sich Senföle rasch verflüchtigen, weswegen man die Hälfte des Mostrichs erst kurz vor dem Servieren in die Sauce rühren sollte. Auch schön: Beim Wiener Schnitzel wird nicht fälschlicherweise von Panade gesprochen wie so oft. Die Panierung darf laut Rezept nur dünn sein und nicht angedrückt werden – und alle Schnitzel sollen (wie im Restaurant) in mehreren parallel genutzten Pfannen gleichzeitig ausgebraten werden.

Wer braucht das? Ambitionierte Küchennovizen mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne, die sich vom Tomatensalat zu »Matjes Hausfrauenart« hochkochen wollen.

Typisches Rezept? »Bratkartoffeln mit Spiegelei«

Was kostet das? 29,90 Euro

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Steffen Henssler

Hundert Klassiker

Verlag: Gräfe und Unzer
Seitenzahl: 264
Für 29,90 € kaufen

Preisabfragezeitpunkt

17.07.2024 08.25 Uhr

Keine Gewähr

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Tim Mälzer: »Vierundzwanzigsieben kochen«

TV-Koch Mälzer

TV-Koch Mälzer

Foto: Markus Scholz / dpa

Der Küchenbulle Mälzer hat bereits 2014 mit »Heimat« eine Duftmarke gesetzt, weswegen es nun bei den gut hundert Rezepten des aktuellen Werkes munter durch alle Kochstile und -traditionen gehen kann. Zumindest, solange sich die Gerichte getreu dem Titel rund um die Uhr kochen und genießen lassen. Alltagsküche also, die sich in den individuellen Tagesablauf der Kochenden nahtlos einfügt. Auch, was den Aufwand betrifft: Die Zubereitungszeiten der Rezepte gehen von wenigen Minuten bis zu einigen Stunden.

So sind Kapitel wie »Frühstück«, »Belegte Brote«, »Grüne Kiste« oder »Suppen & Eintöpfe« eher als grobe Einordnung zu verstehen. Manche wollen tatsächlich einen Mett-Igel, Speckmarmelade, Porridge oder Shakshuka frühstücken, während das »Japanische Frühstück« ein ausgewachsenes Abendessen darstellen könnte mit Miso-Lachs, Seidentofu mit Sojasauce, Sushi-Reis mit Soja-Ei und Misosuppe mit Seidentofu.

Mälzer zeigt sich zum Glück nach wie vor immun gegen die meisten hippen Ernährungsreligionen. Er stellt ein wokes Avocadobrot neben einen fetttriefenden Käsetoast, gegrillten Radicchio mit Trauben neben fleischwurstgeschwängerten Brezensalat, raffinessefreie Kartoffelsuppe neben eine aufwendige Garnelen-Bolo oder simple Schweinekoteletts neben panierte Kalbsleber mit Rosenkohl-Apfel-Gemüse.

An ganz wenigen Stellen scheint Mälzer über seinen Küchenproll-Imageschatten springen zu wollen und rezeptiert Feinstkost wie in Salz gebackenen Sellerie (im Ganzen) mit Feldsalat und Rauchmandeln, Ofenlachs mit Mango-Salsa und Zitronen-Aioli oder eine wirklich geile Gumbo mit Garnelen und Cabanossi. Im Gegenzug darf aber gefragt werden, wer von Mälzers Jüngern wirklich noch nachlesen muss, wie man einen Tomatensalat macht, sechs Nürnberger Bratwürste auf ein Brötchen legt oder Meatballs aus Mett in Passata aus der Packung erhitzt.

Schön, dass Mälzer-Busenfreund Thees Uhlmann in der Buchmitte einige schöne Kurzgeschichten mit seiner ganz persönlichen Lebensgeschichte als ewig scheiternder Gelegenheitskoch zum Besten gibt. Ansonsten könnten 24 Stunden mit »Vierundzwanzigsieben« ganz schön lange werden.

Wer braucht das? Eigentlich nur Mälzer-Fans, die ohnehin jedes Buch des Küchenbullen kaufen. Vielleicht auch noch ein paar Kochbeginner auf der Suche nach niedrigschwelligen Einstiegen in diese Welt.

Typisches Rezept? »Seelachs Bordelaise«

Was kostet das? 28 Euro

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Tim Mälzer

Vierundzwanzigsieben kochen

Verlag: Mosaik
Seitenzahl: 272
Für 28,00 € kaufen

Preisabfragezeitpunkt

17.07.2024 08.25 Uhr

Keine Gewähr

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