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Haftpflicht – und was noch? Welche Versicherungen man im Studium braucht

Es gibt Versicherungen, die sind für Studierende ein Muss – andere kann man sich sparen. Worauf man beim Abschluss achten sollte, erklärt Sandra Klug vom Verbraucherschutz.
Haftpflicht, Rechtsschutz, Kfz – wie sichert man sich am besten ab? (Symbolbild)

Haftpflicht, Rechtsschutz, Kfz – wie sichert man sich am besten ab? (Symbolbild)

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Frieder Dino / plainpicture

Mit dem Start ins Studium muss man sich oft noch selbstständiger organisieren – dazu zählt auch, eigenständig Versicherungen abzuschließen. Aber welche sind überhaupt nötig und welche Fallstricke gibt es? Auskunft können die Verbraucherzentralen geben. Sandra Klug ist Juristin, bei der Verbraucherzentrale Hamburg leitet sie die Abteilung Geldanlage, Altersvorsorge, Versicherungen. Hier erklärt sie, worauf man achten sollte.

Die Krankenversicherung…

…ist in Deutschland eine Pflicht und läuft im Studium in der Regel noch über die Eltern. Aber Achtung: Das gilt nur während der ersten Ausbildung, wenn man nebenher nicht zu viel arbeitet oder das Studium abbricht und nur bis zum 25. Lebensjahr. »Aber meist ist bis zum 30. Lebensjahr eine kostengünstige studentische Krankenversicherung möglich«, sagt Klug.

Zudem macht eine Auslandsreisekrankenversicherung Sinn, gerade in der Zeit, in der man viel reist, vielleicht seine Freund:innen im Auslandssemester besucht. Mit anderen europäischen Ländern gibt es zwar Abkommen , dass ortsübliche Krankenleistungen übernommen werden. Aber zum Beispiel der Rücktransport ins Heimatland nach einer schwerwiegenden Verletzung kann ohne zusätzliche Versicherung für das Ausland mehrere Tausend Euro kosten.

Legt man selbst ein Erasmus-Semester ein, gibt es dafür spezielle Versicherungslösungen. Die Auslandsreisekrankenversicherung gilt nur für kürzere Aufenthalte.

Die private Haftpflichtversicherung…

…sollte wirklich jede:r haben. Auch hier ist man in der Regel während der ersten Ausbildung beziehungsweise einem ersten Studium bis zum 25. Lebensjahr  über die Eltern versichert, danach muss man sich selbst versichern. Auch wenn man nach einem Bachelor noch einen fachfremden Master anschließt. »Die private Haftpflichtversicherung kommt vielleicht nicht häufig zum Tragen, aber wenn man sie nicht abgeschlossen hat, kann der lebenslange finanzielle Ruin drohen«, sagt Klug.

Wichtig sei die Versicherung nicht wegen kleinerer Schadensfälle wie eines zersplitterten Handybildschirms einer Freundin, der auf einer Party durch eine ungeschickte Bewegung kaputtgegangen sei. »Das ärgert einen, aber müsste man es ohne Haftpflicht selbst zahlen, treibt das nicht in den Ruin«, sagt Klug. Anders sei das bei besonders hohen Schadensersatzforderungen: »Man stelle sich vor, man kommt gerade mit einem Kaffee aus der Tür, will sein Portemonnaie noch schnell verstauen, übersieht dabei einen Radfahrer und reißt ihn um – und der stürzt so doof, dass er ein Leben lang nicht mehr arbeiten kann.« Dann müsse man ohne Haftpflichtversicherung für die Kosten seines Unterhalts aufkommen. »Und das will man wirklich nicht«, sagt Klug.

Achtung

Bei Haftpflichtversicherungen gibt es meist drei Tarife: Basis, Mittel und Premium. Im Basistarif sind sogenannte Gefälligkeitsschäden  nicht unbedingt ausreichend abgedeckt. Wenn man also zum Beispiel einer Kommilitonin beim Umzug hilft und dabei die Waschmaschine fallen lässt, kann es Streit geben, wer für den Schaden aufkommen muss. Um sicherzugehen, hilft die Gefälligkeitsklausel.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung…

…ist ebenfalls empfehlenswert. »Denn die eigene Arbeitskraft ist ja in der Regel der finanzielle Motor des Lebens«, sagt Klug. Ohne sie und den Verdienst komme man eben schlecht aus. Wenn man gerade anfängt zu studieren, scheint das Arbeitsleben noch weit entfernt und der Abschluss einer solchen Versicherung steht noch gar nicht auf der To-do-Liste, dennoch mache er schon zu Studienzeiten Sinn.

Um eine BU, wie man sie verkürzt nennt, zu erhalten, muss man dem Versicherer zuvor Gesundheitsfragen beantworten. »Und je jünger man ist, desto weniger Vorerkrankungen  hat man meist vorzuweisen«, sagt Klug. Denn danach wird entschieden, ob man überhaupt aufgenommen wird oder ein Zusatzbeitrag fällig wird. Über die Höhe entscheidet auch das Berufsbild, im Studium zählt man noch als Student. Ein BWL-Absolvent wird dabei vermutlich weniger risikoreich bewertet als ein Dachdecker.

Berufsunfähig? Ich doch nicht?!

Logischerweise ist das Risiko eines Unfalls bei einem Handwerksberuf, in dem man körperlich tätig ist, meist viel größer. Dennoch werden auch Akademiker:innen in Bürojobs berufsunfähig. Statistisch betrachtet trifft es jeden Vierten im Laufe seines Erwerbslebens.  Was wiederum nicht bedeutet, 20 Jahre nicht mehr arbeiten zu können – es gibt schließlich auch Erkrankungen, die nur wenige Jahre andauern. Aber auch dann sollte man abgesichert sein, damit man weiterhin Geld erhält, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren.

Zum Beispiel gehen heute mehr als 30 Prozent der BU-Fälle  auf psychische Erkrankungen zurück. Wenn man bereits eine Therapie gemacht hat, kann es schwierig werden, eine BU-Versicherung zu erhalten. Grundsätzlich rät der Verbraucherschutz deshalb dazu, sich vor dem Abschluss professionelle Hilfe  zu holen. Am besten von Berater:innen, die für ihre Leistungen ein Honorar bekommen, oder Makler:innen. Mit ihnen zusammen lässt sich eine anonymisierte Voranfrage stellen. Tut man das nicht und wird abgelehnt, kommt man auf eine schwarze Liste, die sogenannte HIS-Datei,  die allen Versicherungen zugänglich ist.

Das gilt es beim Abschluss von BU-Versicherungen zu beachten
  • Je früher man eine BU-Versicherung  abschließt, desto niedriger ist der Beitrag. Das liegt an der Risikokalkulation – mit 40 ist es eben wahrscheinlicher, durch Krankheiten berufsunfähig zu werden, als mit 20.

  • Es sollten Nachversicherungsgarantien  gewährleistet sein. Das bedeutet, dass man die Höhe der Versicherungssumme – also das, was man im Falle der Berufsunfähigkeit monatlich ausgezahlt bekommt – anpassen kann. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn man das Studium abgeschlossen hat, heiratet oder eine Familie gründet. »Als Studierender versichert man natürlich nicht 3500 Euro netto monatlich, sondern vielleicht 1500«, sagt Klug. Weil man da im Falle einer Berufsunfähigkeit eben noch mit weniger Geld auskomme als später, wenn man vielleicht Kinder zu ernähren habe.

  • Vorsicht vor kombinierten Angeboten! Das Ansparen von Kapital und Versicherungen sollte man unbedingt trennen. »Es gibt Phasen im Leben, in denen man nicht weiter Kapital aufbauen möchte, weil man zum Beispiel ein Haus kauft, aber die BU-Versicherung weiterhin braucht. Nur dann wird es schwierig, aus diesen Verträgen rauszukommen«, sagt Klug und nennt zum Beispiel ein Kombiangebot aus der sogenannten Rürup-Rente  und BU. Die Rürup-Rente sei weder kündbar, übertragbar, noch beleihbar – sie werde am Ende nur als Rente ausgezahlt. »Mit 22 finde ich es wahnsinnig, solch eine Entscheidung fürs Leben zu treffen.« Außerdem steckten hohe Abschluss- und Vertriebskosten darin.

Die KFZ-Versicherung…

…ist ein Muss, sobald man ein eigenes Auto besitzt. Ob sich dann Teil- oder Vollkasko lohnt, hängt davon ab, wie alt das Auto ist und was man versichern möchte.

Die Unfallversicherung…

…ist nicht nötig. Sollte man durch einen Unfall nicht mehr arbeiten können, greift auch die BU-Versicherung, sodass eine extra Versicherung unnötig wäre. Eine Unfallversicherung übernimmt je nach Vertrag auch Krankenhaustagegeld, Bergungskosten oder kosmetische Operationen, die nach einem Unfall nötig sein könnten. Doch all das macht für Klug aus mehreren Gründen keinen Sinn: Krankenhausaufenthalte seien oft sehr kurz, die Summe, die man pro Tag im Krankenhaus erhalte, sehr gering. Außerdem müsse durch den Unfall eine dauerhafte Beeinträchtigung entstehen, damit die Versicherung überhaupt zahle. »Gibt es einen Unfallverursacher, so haftet dieser für alle anfallenden Kosten. Sollten kosmetische Operationen notwendig sein, wird das die Krankenkasse bezahlen«, sagt Klug.

Eine echte Alternative zu einer BU sei die Unfallversicherung nicht, sagt Klug, es handle sich nur um einen kleinen Ausschnitt dessen, was diese leiste. Wenn jemand eine Unfallversicherung als »Wohlfühlversicherung« haben wolle, »sollte er oder sie darauf achten, dass die Versicherungssumme hoch genug ist und gegebenenfalls eine Rentenleistung beinhaltet.«

Die Hausratversicherung…

…lohnt sich während des Studiums meist nicht. »Schauen Sie sich in Ihrer Wohnung um und überschlagen Sie im Kopf, was es kosten würde, vom Löffel bis zum Sofa alles zu ersetzen«, sagt Klug. »Die Kosten tun zwar weh, aber würden nicht den finanziellen Ruin bedeuten – vor allem nicht in einem WG-Zimmer mit Billy-Regal und gebrauchten Möbeln.« Meist schließe man die Versicherung erst ab, wenn man sich nach dem Berufseinstieg teurere Dinge zulege.

Übrigens: Wenn der Brand in der eigenen Wohnung zum Beispiel durch einen technischen Defekt wie einen Toasterbrand ausgelöst wird, springt die Wohngebäudeversicherung des Vermieters ein. Das Interieur bekommt man ohne Hausratversicherung aber nicht ersetzt. Wird der Brand durch ein persönliches Verschulden ausgelöst, weil man zum Beispiel den Herd angelassen hat, übernimmt die private Haftpflichtversicherung  die Kosten für die zerstörte Mietwohnung. Das Interieur müsste man selbst neu kaufen.

Die Rechtsschutzversicherung…

…ist ebenfalls für Studierende nicht notwendig. »Ich bezeichne sie gern als Wohlfühl-Luxusversicherung«, sagt Klug. Wenn man mal einen Anwalt bezahlen müsse, ärgere man sich natürlich. Aber: »Eine gute Rechtsschutzversicherung ist teuer und man zahlt dafür in etwa 350 Euro im Jahr«, sagt Klug. Wenn man das auf fünf Jahre hochrechne, komme man auf 1750 Euro. Dafür könne man sich im Notfall auch einen Anwalt nehmen.

Tipp: Wie komme ich noch an Rechtsschutz?

Rechtsschutz lässt sich häufig auch kostengünstiger über andere Wege bekommen: Wer Mitglied in einer Gewerkschaft ist, erhält dort auch häufig Berufsrechtsschutz. Als Arbeitnehmer kann es für vollumfänglichen Schutz trotzdem sinnvoll sein, diesen eigenständig zu versichern. Und wer in den Mieterbund oder Mieterschutzverein  eintritt, der erhält Mietrechtsschutz. Auch die eigene Haftpflicht ist dafür da, Ansprüche anderer an einen selbst abzuwehren.

Die Risikolebensversicherung…

…sorgt dafür, dass Menschen, die von einem wirtschaftlich abhängig sind, im Todesfall abgesichert werden. In der Regel sind damit Partner:innen und eigene Kinder gemeint. Für Studierende, die schon eine Familie gegründet haben, ist diese Versicherung also sinnvoll. In der Regel ist sie auch nicht besonders teuer.

Und sonst noch?

Alle anderen Versicherungen braucht man nicht, sagt Klug vom Verbraucherschutz. In Elektronikmärkten würden gern zusätzliche Angebote wie eine Hausgeräteversicherung, eine Garantieverlängerung oder eine Handyversicherung aufgeschwatzt. Klug hält sie nicht für sinnvoll. Ebenso wie private Lebens- oder Rentenversicherungen. Das seien schlicht nur teure Sparprodukte. Viel sinnvoller und kostengünstiger sei es, selbst ein Depot zu eröffnen und zum Beispiel in ETFs zu investieren.

Das gilt es (vor dem Abschluss) zu beachten
  • Für viele führt der Weg zu einer Versicherung über das Portal Check24. Dabei sollte man wissen, dass das Portal nicht neutral ist, sondern Maklergebühren bei erfolgreichen Abschlüssen erhält. »Viele Versicherungen tauchen in den Angeboten nicht auf, obwohl sie vielleicht noch preiswerter sind oder bessere Konditionen beinhalten«, sagt Klug. Alternative Quellen sind neben den Verbraucherzentralen die einzelnen Direktanbieter selbst oder die Stiftung Warentest.

  • Vorsicht bei Berater:innen, die man vielleicht aus dem privaten Umfeld kennt, oder Beratungsständen vom Campus. »Bitte immer auf das Bauchgefühl achten«, sagt Klug, »und kritisch sein«. Sinnvoll sind Honorarberater:innen,  die nicht über die Abschlüsse verdienen, sondern die man selbst bezahlen muss. Auch ein Beratungstermin bei der Verbraucherzentrale kann eine Alternative sein.

  • Es ist günstiger, Versicherungen jährlich und nicht monatlich  zu zahlen. Bei einer privaten Haftpflichtversicherung, die etwa 50 Euro kostet, ist das gut machbar. »Bei einer BU, die 50 Euro monatlich kostet, ist es schon schwieriger – gerade im Studium«, sagt Klug. Auch mit halbjährlichen Raten ließen sich einige Euros sparen.

  • Es ist sinnvoll, regelmäßig seine Versicherungen zu überprüfen, vor allem bei Umbrüchen im Leben wie Heirat, Familiengründung oder einem Hauskauf. Aber auch unabhängig davon kann es sinnvoll sein, bei Verträgen nachzubessern, die Zahlrate umzustellen oder den Anbieter zu wechseln, um Geld zu sparen.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes gab es eine missverständliche Formulierung zu der Risikobewertung bei BU-Versicherungen. Wir haben die Passage angepasst.