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Unistädte entdecken Warum es sich in Wilhelmshaven gut studieren lässt

Whalewatching und Nachmittage am Strand: In einer Stadt am Wasser zu studieren, hat seine Vorteile. Studentin Letje Malle erzählt vom Hochschulalltag in einer nicht ganz so typischen Studistadt.
Aufgezeichnet von Kim Fischer
Studentin Letje Malle: »Die Hochschule ist einer meiner Lieblingsorte in der Stadt«

Studentin Letje Malle: »Die Hochschule ist einer meiner Lieblingsorte in der Stadt«

Foto: [M] Sarah Dillon / DER SPIEGEL; Fotos: Maria Cabras, Venemama / Getty Images

Wilhelmshaven liegt am Jadebusen, einer Nordseebucht, die auch Teil des Nationalparks Wattenmeer ist. Die Stadt ist der größte Standort der Marine in Deutschland. Neben einer langen militärischen Geschichte bietet sie jedoch auch Kultur- und Freizeiterlebnisse.

Letje Malle studiert im sechsten Semester Medienwirtschaft und Journalismus an der Jade Hochschule am Campus Wilhelmshaven. Die Stadt strahlt für die 26-Jährige urigen und norddeutschen Charme aus. Warum sie am Anfang Vorurteile gegenüber Wilhelmshaven hatte und jetzt am liebsten noch jahrelang dort studieren möchte, erzählt sie hier.

Stadt, Land, Studium

Ob altehrwürdige Universitätsstadt oder eher unbekanntes Örtchen: Wer zum Studium an einen neuen Ort zieht, muss sich erst einmal orientieren. In der Reihe »Stadt, Land, Studium« stellen wir Hochschulstädte vor – und lassen Studierende erzählen, wie der Alltag dort abläuft.

Was hat der Campus zu bieten? In welchen Vierteln wohnt es sich am schönsten, was kostet ein WG-Zimmer? Welche Partys sind legendär und wo verbringt man seine Zeit, wenn man nicht im Hörsaal sitzt?

Campusleben: Standort, Mensa und Café

»Die Stimmung auf dem Campus der Hochschule würde ich als entspannt und familiär beschreiben. Ich bin unter anderem im Allgemeinen Studierendenausschuss aktiv. Wir organisieren viele Events, mit denen wir versuchen, ein Gemeinschaftsgefühl aufzubauen. Das ist besonders gut für Erstis und auch für internationale Studierende. Ein erfolgreiches Format ist das monatliche Beerpong-Turnier oder auch der PowerPoint-Abend einmal im Semester. Dabei halten Studierende Vorträge zu total irrelevanten und lustigen Themen. Die Dozierenden sind auch viel in das Campusleben eingebunden. Bei der ›Night of the Profs‹, einer Party an der Hochschule, stehen sie zum Beispiel am DJ-Pult und legen auf. Außerdem planen wir gerade, den Studierenden eine kleine Wattwanderung anzubieten.

Die Hochschule ist tatsächlich einer meiner Lieblingsorte in der Stadt. Ich bin fast jeden Tag dort, weil ich neben meinen regulären Seminaren auch Teil der Hochschulband bin und im Campusradio mitarbeite. Das ist super zum Connecten, und man kommt wirklich schnell in die verschiedenen Hochschulgruppen rein. In der Campus-Mensa bekommt man für drei Euro ein vollwertiges Gericht mit Nachtisch. Mit dem Gericht ›Frittiertes von der Kartoffel‹, auch genannt Pommes, kann man nichts falsch machen.

Der Semesterbeitrag ist mit fast 380 Euro im Vergleich zu anderen Hochschulen relativ hoch. Dafür ist ein Großteil der Hochschulsport-Kurse kostenfrei. Außerdem ist mein Studiengang sehr praktisch ausgelegt, mit viel Projektarbeit und Kooperationen mit externen Auftraggebern. Uns wird auch Equipment zur Verfügung gestellt. Wir können uns Kameras und Mikros ausleihen oder in Film- und Podcaststudios einmieten.«

Wilhelmshaven in Kürze
  • Elftgrößte Stadt in Niedersachsen

  • Rund 79.000 Einwohner:innen

  • Sehenswürdigkeiten: Deutsches Marinemuseum, Botanischer Garten im Stadtpark, Burg Kniphausen, Kaiser-Wilhelm-Brücke

Wohnen: WG-Preise und Stadtteile

»Ich wohne in einem Dorf, das eine halbe Stunde mit dem Auto von Wilhelmshaven entfernt liegt. Zusammen mit meinem Freund miete ich einen kleinen Bungalow mit drei Zimmern. Ich zahle die Hälfte der Miete, also 400 Euro warm. Die meisten meiner Kommilitonen wohnen in WGs direkt in Wilhelmshaven, viele sind am Anfang aber auch erst mal ins Studentenwohnheim gezogen. Es gibt auch nicht das eine Studi-Viertel: Die Stadt besteht zum Großteil aus Studierenden und Mitarbeitenden der Marine und der Bundeswehr. Wenn ich mir einen Stadtteil aussuchen könnte, in dem ich wohnen wollen würde, wäre das Heppens. Dort wohnen viele meiner Kommilitonen, und zum beliebten Südstrand von Wilhelmshaven ist es nicht weit.

An der Häuserstruktur von Wilhelmshaven sieht man noch die Nachwirkungen aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem die Stadt relativ schlimm zerbombt worden ist. Das heißt, dass sich schöne alte Gebäude mit Altbaucharme und Plattenbauten abwechseln. Den allgemeinen Flair der Stadt würde ich als urig, divers und nordisch beschreiben.«

Studieren und Wohnen in Wilhelmshaven

Die Jade Hochschule  hat Standorte in Oldenburg, Elsfleth und Wilhelmshaven. Letzterer ist vor allem auf Ingenieurwissenschaften, Management und Technologie ausgerichtet. Dort sind aktuell rund 3600 Studierende eingeschrieben. Der Semesterbeitrag  liegt im Sommersemester 2024 bei 378,22 Euro. Darin ist auch das Semesterticket enthalten.

Neben der Jade Hochschule gibt es noch die private Berufsakademie Wilhelmshaven .

Die Nettokaltmiete in Wilhelmshaven variiert je nach Wohnungsgröße  zwischen 4,08 Euro und 6,54 Euro pro Quadratmeter im Monat.

Das Studentenwerk Oldenburg  vermietet in der Wohnanlage Wiesenhof Appartments und WGs. Die Preise  liegen zwischen 186 und 287 Euro im Monat.

Freizeit: Kultur, Kneipe, Klub

»Einen schönen Sommertag verbringen meine Freunde und ich meistens am Südstrand, der direkt am Jadebusen liegt. Das ist der perfekte Treffpunkt zum Entspannen und um die Füße ins Wasser zu halten. Schwimmen kann man dort auch, aber man sollte wegen Booten und der Strömung gut aufpassen und bei Ebbe nicht zu weit raus gehen. Der Banter See in der Nähe des Südstrands bietet sich auch zum Schwimmen an.

Südstrand am Jadebusen: Perfekt, um die Füße ins Wasser zu halten

Südstrand am Jadebusen: Perfekt, um die Füße ins Wasser zu halten

Foto: venemama / iStockphoto / Getty Images

Ich habe zwei Lieblingscafés: zum einen das ›MORGÆN Café‹. Dort gibt es meiner Meinung nach den besten Kaffee der Stadt, und es ist richtig gemütlich. Zum anderen das ›Café Gröön‹ in der Innenstadt.

Die Feierkultur in Wilhelmshaven ist natürlich anders als in einer Großstadt, in der man eine deutlich größere Auswahl hat. Es gibt aber trotzdem ein paar Bars und Klubs, in denen man eine gute Zeit haben kann. Vor allem unter Studierenden bekannt ist der Musikklub ›Kling Klang‹, in dem man am Wochenende auch tanzen kann. Ansonsten empfehle ich noch das ›Bistro Krokodil‹. Das ist eine kleine urige Kneipe, in der man sich gut unterhalten kann. Für Partys treffen wir uns aber auch viel in den WGs von Freunden.

Wenn es eine neue Ausstellung in der Kunsthalle Wilhelmshaven gibt, gehe ich gern hin. Dort wird auch regelmäßig eine Happy Hour angeboten, bei der man sich bei einem Glas Wein die Ausstellung erklären lassen kann. Ein besonderes Highlight in Wilhelmshaven ist das ›Wochenende an der Jade‹. Das ist quasi das Stadtfest, bei dem überall in der Stadt Musikbühnen aufgebaut sind. Dort treten wir auch immer mit der Hochschulband auf.

Auftritt mit der Hochschulband beim ›Wochenende an der Jade‹

Auftritt mit der Hochschulband beim ›Wochenende an der Jade‹

Foto: Steffen Flüchter

Ich würde sagen, dass die Stadt sehr mit Vorurteilen behaftet ist. Zum Beispiel, dass sie hässlich und manchmal gefährlich sei. Ich fühle mich hier aber sehr wohl und finde die Stadt eher gemütlich. Wir sagen immer, Wilhelmshaven ist wie die eine Tante auf der Familienfeier, die man eigentlich nicht sehen will. Aber dann trinkt man was zusammen, und wenn sie weg ist, ist man irgendwie traurig.«

(Mehr oder weniger) Wissenswertes über Wilhelmshaven

An der Küste von Wilhelmshaven lassen sich im Frühjahr  Schweinswale beobachten. Die knapp zwei Meter großen Meerestiere kommen auf der Suche nach Nahrung in den Jadebusen. Dieses Naturphänomen gibt es erst seit ein paar Jahren, mittlerweile hat die Stadt daraus ein Event gemacht. An den »Schweinswaltagen« gibt es neben Vorträgen und Fotoausstellungen Walrufer:innen am Südstrand, die nach den Tieren Ausschau halten.

Nach dem Abschluss: Wie geht’s weiter?

»Ich habe vor, nächstes Jahr meine Bachelorarbeit zu schreiben. Danach würde ich gern direkt mit dem Master in meinem Fachbereich weitermachen. Wenn es gut läuft, werde ich also noch ein paar Jahre in Wilhelmshaven bleiben.«