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Unistädte entdecken Warum es sich in Jena gut studieren lässt

Jena liegt mitten in einer Talsenke und bietet daher Wanderfans einen guten Startpunkt. Das gefällt Studentin Eva-Maria Dommaschk an ihrem Uni-Standort. Was in der Stadt in Thüringen sonst noch geboten ist, erzählt sie hier.
Aufgezeichnet von Kim Fischer
Medizinstudentin Eva-Maria Dommaschk: »Man fühlt sich in Jena schnell zu Hause, weil es so klein und überschaubar ist«

Medizinstudentin Eva-Maria Dommaschk: »Man fühlt sich in Jena schnell zu Hause, weil es so klein und überschaubar ist«

[M] Kamila Ramezani / DER SPIEGEL; Fotos: Privat

Jena trägt den Beinamen »Lichtstadt«, der Bezug spielt auf die Forschung im Bereich der Optik und Fotonik an. Den Grundstein dafür legte der Mechaniker Carl Zeiß vor mehr als 150 Jahren. Auch den Dichter Friedrich Schiller, der als Professor an der Universität gelehrt hat, bringen viele mit Jena in Verbindung.

An genau dieser Uni ist auch Eva-Maria Dommaschk, 22, eingeschrieben. Aktuell studiert sie im zehnten Semester Humanmedizin und arbeitet parallel an ihrer Doktorarbeit. Die Naturliebhaberin schätzt an Jena vor allem die schöne Umgebung und das vielfältige Angebot im Hochschulsport.

Stadt, Land, Studium

Ob altehrwürdige Universitätsstadt oder eher unbekanntes Örtchen: Wer zum Studium an einen neuen Ort zieht, muss sich erst einmal orientieren. In der Reihe »Stadt, Land, Studium« stellen wir Hochschulstädte vor – und lassen Studierende erzählen, wie der Alltag dort abläuft.

Was hat der Campus zu bieten? In welchen Vierteln wohnt es sich am schönsten, was kostet ein WG-Zimmer? Welche Partys sind legendär und wo verbringt man seine Zeit, wenn man nicht im Hörsaal sitzt?

Campusleben: Standort, Mensa und Café

»Die meisten Uni-Gebäude sammeln sich am Ernst-Abbe-Platz im Westen der Stadt. Daher findet in dieser Gegend der Großteil des Uni-Lebens statt. Am Platz steht auch eine der großen Mensen. Sie bietet fast jeden Tag ein veganes und mehrere vegetarische Gerichte an. Für mich als Veganerin ist das immer ein Highlight. Das günstigste Gericht liegt bei unter zwei Euro. Ab und zu gibt es auch Mottowochen zum Beispiel mit asiatischen, persischen oder kubanischen Gerichten.

Blick auf Jena: Talsenke in schöner Umgebung

Blick auf Jena: Talsenke in schöner Umgebung

Foto: Privat

Die restlichen Uni-Gebäude sind quer in Jena verteilt. Wir Medizinstudierenden haben die ersten zwei Jahre viele Vorlesungen im Stadtzentrum, wie zum Beispiel Anatomie und Biochemie. Danach sind wir eher im Universitätsklinikum. Auch jetzt noch, nach der Coronazeit, sind in meinem Studiengang viele Vorlesungen hybrid, also in Präsenz und online verfügbar. Das macht das Studieren ein wenig flexibler.

Ich konnte mich bisher schon viel durch das Angebot des Hochschulsports durchprobieren. Für eine eher kleine Stadt wie Jena würde ich sagen, dass das Angebot groß ist. Vor allem werden viele Tanzkurse angeboten. Aktuell gehe ich zum Beispiel zum Shuffle-Training, da tanzt man zu elektronischer Musik. Das Lustigste, was ich ausprobiert habe, war Quidditch, die Sportart aus Harry Potter. Dabei sitzt man auf einem Stab, der den Besen darstellen soll, und läuft damit über den Trainingsplatz. Es geht viel um taktische Übungen und Positions- und Wurftraining. Beim Spiel kommt jemand in einem goldenen Kostüm aufs Feld und stellt den ›Goldenen Schnatz‹ dar. Das ist ziemlich verrückt und witzig.«

Jena in Kürze
  • Zweitgrößte Stadt in Thüringen

  • rund 108.000 Einwohner:innen

  • Sehenswürdigkeiten: Deutsches Optisches Museum, Schillers Gartenhaus, JenTower (auch Keksrolle genannt)

  • Berühmtheiten: Karoline Schuch, Sahra Wagenknecht, Friedrich Schiller

Wohnen: WG-Preise und Stadtteile

»Ich hatte vor fünf Jahren relativ knapp die Zusage für meinen Platz an der Uni Jena bekommen und musste innerhalb von zwei Wochen eine Wohnung suchen. Das war erst mal herausfordernd. Bei der Suche hatte ich aber Glück: Ich fand schnell eine WG im Westen von Jena, dort wohnte ich zwei Jahre lang für rund 320 Euro warm. Dann wurde meine WG aufgelöst und ich musste in meine jetzige Zweier-WG umziehen, in der ich um die 300 Euro warm im Monat zahle.

Das Damenviertel in Jena: Wegen der vielen Jugendstilgebäude beliebt

Das Damenviertel in Jena: Wegen der vielen Jugendstilgebäude beliebt

Foto: Privat

Aktuell wohne ich im Stadtteil Jena-Nord, der sehr ruhig und grün ist. Hier wohnen nicht so viele junge Leute, aber man ist innerhalb von fünfzehn Minuten in der Innenstadt. Gleichzeitig brauche ich nur zehn Minuten in die Natur. Das war auch etwas, was ich an meinem Heimatdorf in Brandenburg nahe der polnischen Grenze so geschätzt habe. Vielleicht fühle ich mich hier deswegen so wohl. Ansonsten könnte ich mir noch das Damenviertel als Wohngegend vorstellen. Das wird auch oft als das ›schöne Viertel‹ bezeichnet, mit vielen Jugendstilelementen an den Gebäuden.«

Studieren und Wohnen in Jena

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena bietet derzeit 122 Studiengänge an zehn Fakultäten an. Im Wintersemester 2023/24 waren nach Angaben der Universität rund 17.000 Studierende eingeschrieben.

Der Semesterbeitrag beträgt aktuell 252,80 Euro.

Neben der Friedrich-Schiller-Universität gibt es in Jena noch die staatliche Ernst-Abbe-Hochschule , deren Schwerpunkt auf Studiengängen im technischen, sozialen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Bereich liegt.

Der Durchschnittspreis für ein WG-Zimmer in Jena lag im Februar 2024 bei 348 Euro. Das ergab ein Scoring des Moses-Mendelssohn-Instituts in Kooperation mit dem Immobilienportal Wg-gesucht.de und dem Projektentwickler GBI.

Das Studierendenwerk Thüringen  stellt rund 3100 Plätze in Wohnanlagen zur Verfügung. Die Preise variieren je nach Größe und Standort zwischen 178 Euro und 430 Euro.

Freizeit: Kultur, Kneipe, Klub

»Jena liegt in einer Talsenke, daher kann man in der Umgebung auch sehr gut wandern gehen. Für eine Naturliebhaberin wie mich der absolute Traum. Wir haben Berge in der Umgebung und tolle Wanderwege. Der Panoramaweg ›Saale Horizontale‹ wurde beispielsweise 2023 als schönster Wanderweg Deutschlands ausgezeichnet. Ansonsten ist der Paradiespark, vor allem im Sommer, ein beliebter Treffpunkt im Grünen. Dort feiere ich auch meistens meinen Geburtstag.

Die Innenstadt ist mit Sicherheit nicht die pulsierendste in Deutschland. Dafür fühlt man sich in Jena schnell zu Hause, weil es so klein und überschaubar ist. Und es gibt trotzdem einige Events: Stand-up-Comedy in der OFF Bar zum Beispiel oder Karaoke-Abende im Musikkeller Jena. Ich würde sagen, dass Jena eher technoaffin ist. Daher gibt es ein paar wenige Klubs für die Szene, zum Beispiel das Kassablanca.

Durch einen Solidarbeitrag von unter fünf Euro ist im Semesterbeitrag auch ein Kulturticket enthalten. Damit sind unter anderem Besuche in manchen Kinos in Jena kostenlos. Das habe ich dieses Semester öfter gemacht. Auch Besuche in der Philharmonie und im Theaterhaus sind möglich. Die Tickets dafür kann man sich im Vorfeld bei der Jena Tourist-Information abholen.

Tagsüber gut und günstig essen gehen kann man in der Cafeteria Zur Rosen. Durch den Studierendenrabatt bekommt man für fünf bis sechs Euro ein leckeres Hauptgericht. Selbstgemachten, veganen Kuchen gibt es im Café Immergrün. Und als Waffelfan sollte man unbedingt im 401 vorbeischauen.

Wenn es um das Bundesland Thüringen geht, denken die meisten wahrscheinlich erst mal an rechte Politik. Ich erlebe Jena aber eher als linkes Ökofleckchen, was wahrscheinlich auch durch die vielen Studierenden kommt.«

(Mehr oder weniger) Wissenswertes über Jena

In Jena steht das dienstälteste Großplanetarium der Welt: Das Zeiss-Planetarium Jena  wurde im Jahr 1926 eröffnet. Die Idee dafür kam von Oskar von Miller, dem Gründer des Deutschen Museums in München. Die Kuppel hat einen Durchmesser von 25 Metern. Die Shows variieren von Weltraum-Touren über Musik-Lasershows bis zu Unterwasserwelten.

Nach dem Abschluss: Wie geht’s weiter?

»Ich schreibe gerade meine Doktorarbeit und setze danach noch mal ein Semester aus, damit ich mich in Ruhe auf das zweite Staatsexamen vorbereiten kann. Dann kommt das Praktische Jahr, wofür man sich drei Stationen aussuchen kann. Ob ich dafür in Jena bleiben will, weiß ich noch nicht genau. Ich habe mich nämlich noch nicht entschieden, in welche medizinische Fachrichtung ich gehen möchte. Das wird sich in den nächsten Monaten hoffentlich herauskristallisieren.«