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Studienfächer erklärt Was ich als Erstsemester gern über Sozialpädagogik gewusst hätte

Sozialpädagogen leiten Kitas, unterstützen Jugendliche oder beraten Familien. Wer auf Lehramt studiert, kann außerdem Erzieher ausbilden. Eine Studentin erzählt, warum sie sich für diesen Weg entschieden hat.
Aufgezeichnet von Antonia Fischer
Sozialpägagog:innen kümmern sich um die Bildung von jungen Menschen (Symbolbild)

Sozialpägagog:innen kümmern sich um die Bildung von jungen Menschen (Symbolbild)

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Westend61 / Getty Images

Studienfächer erklärt

In der Reihe »Studienfächer erklärt« stellen wir die beliebtesten Studienfächer in Deutschland vor. Wie viele Studierende an deutschen Hochschulen in welchem Fach eingeschrieben sind, ermittelt das Statistische Bundesamt einmal im Jahr . Unser Ranking bezieht sich auf die Zahlen für das Wintersemester 2019/2020.

Für die Fächer auf den ersten 30 Plätzen dieses Rankings gibt es jeweils ein Porträt – von Betriebswirtschaftslehre auf Platz 1 bis Wirtschaftsrecht auf Platz 30. Für die weiteren Porträts haben wir zusätzlich mit einbezogen, nach welchen Fächern besonders viele Menschen suchen. Weit oben stehen dann etwa Soziologie, Philosophie und Pharmazie. Grundlage ist hier eine Auswertung von Google für den Zeitraum 2021 bis September 2022.

Stellenanzeigen gibt es unzählige – Sozialpädagog:innen scheinen vielerorts händeringend gesucht zu werden. Doch was machen sie eigentlich genau? Und worin unterscheiden sie sich von Sozialarbeiter:innen?

Malin Laurenz, 24, studiert Sozialpädagogik auf Lehramt an der Technischen Universität Dortmund. Hier erzählt sie, warum sie für eine Seminararbeit Kitakinder beim Frühstück beobachtet hat und weshalb sie es bereut, keine Ausbildung zur Erzieherin gemacht zu haben.

Die Entscheidung für Sozialpädagogik

»Unter meinem Studienfach können sich viele Menschen leider gar nichts vorstellen. Ich hingegen habe schon mein ganzes Leben lang Berührungspunkte damit: Meine Mutter ist Lehrerin für Sozialpädagogik an einem Berufskolleg und erzählte zu Hause immer begeistert von ihrem Job. Mir gefiel, wie abwechslungsreich ihre Arbeit klang – der Mix aus Unterricht, Betreuung in den sozialen Einrichtungen und Arbeit mit Menschen. Schon zu Schulzeiten entschied ich, den gleichen Weg zu gehen wie sie.

Nach meinem Abitur arbeitete ich zunächst ein Jahr im sozialen Bereich, machte Praktika in einer Kita, in der stationären Jugendhilfe und in einer Familientagesklinik. Leider waren die Praktika unbezahlt und auch nicht offiziell als FSJ anerkannt, deshalb bekam ich keinerlei finanzielle Förderung. Weil ich weiter bei meinen Eltern im Münsterland lebte, sparte ich zumindest die Miete.

Nach dem Jahr bewarb ich mich nur an der TU Dortmund, weil mir die Fächerkombination dort am besten gefiel. Die Zusage kam einige Wochen später, seitdem studiere ich Sozialpädagogik und Psychologie auf Lehramt für Berufskollegs. Bald steht meine Masterarbeit an, im kommenden Frühjahr beginnt das anderthalbjährige Referendariat, danach bin ich fertig ausgebildet.«

Formale Voraussetzungen für ein Sozialpädagogik-Studium
  • Hochschulreife: Nicht für alle Sozialpädagogik-Studiengänge braucht man Abitur, manchmal genügt die Fachgebundene Hochschulreife oder Fachhochschulreife. An Universitäten wird allerdings meist die Allgemeine Hochschulreife verlangt.

  • Numerus clausus: Viele Bachelorstudiengänge für Sozialpädagogik sind zulassungsbeschränkt. Im vergangenen Wintersemester lag der NC an der TU Dresden  bei 1,7, an der Uni Tübingen  bei 1,8. An der TU Dortmund  ist das Fach Sozialpädagogik für das Lehramt Berufskolleg ebenfalls zulassungsbeschränkt, im vergangenen Semester wurden aber alle Bewerber:innen zugelassen.

  • Praxiserfahrung: Praktika sind meist vorgeschrieben, über Länge und Nachweispflicht entscheiden die Hochschulen individuell. Die TU Dortmund etwa verlangt bis zur Masterarbeit insgesamt 52 Wochen Praxiserfahrung. In der Regel werden Ausbildungen, zum Beispiel als Erzieher:in, angerechnet.

Was man noch mitbringen sollte: Spaß am Umgang mit Menschen, vor allem Kindern und Jugendlichen, Kreativität, Einfühlungsvermögen und Offenheit für innovative Methoden der Erziehung oder Lehre.

Inhalte und Aufbau des Studiums

»Das Sozialpädagogik-Studium fokussiert sich auf die Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen. Im Bachelor überwiegt die Theorie. Wir haben erziehungswissenschaftliche Theorien kennengelernt, uns mit Prozessen der frühkindlichen Bildung beschäftigt und mit Grundlagen der Elementarpädagogik wie Waldorf oder Montessori. Auch die Kritik an diesen Konzepten wurde thematisiert, im Fokus stand immer die Überlegung: Wie sähe eine optimale Bildungsstätte aus?

Im Master sind mitunter auch aktuelle Herausforderungen des sozialen Sektors Thema. Ein Beispiel: Wie erklärt man Kindern, was Rassismus ist, und wie verhindert man ihn in Kitas? Außerdem mussten wir im Master ein Praxissemester an einem Berufskolleg absolvieren. Für meinen Geschmack war das zu spät: Ich hätte mir früher mehr Praxisanteil gewünscht. In sozialen Berufen braucht es Fingerspitzengefühl, das man im direkten Umgang mit Menschen lernt – und nicht durch Texte oder Analysen.

Besonders gut hat mir ein Masterseminar zum Thema Partizipation gefallen. Es ging darum, wie Kinder in der Betreuung am Geschehen teilnehmen. Meine Gruppe beobachtete ein Frühstück in einer Kita: Decken die Kinder den Tisch, helfen sie beim Kochen, dürfen sie sich das Essen selbst nehmen? Hinterher schrieben wir eine Seminararbeit darüber, wie die Kleinen noch stärker eingebunden werden und mehr über gesunde Lebensmittel lernen könnten. Wir konzipierten Spiele rund ums Thema Essen und planten einen Ausflug zu einem regionalen Bauernhof. Leider fiel der wegen der Pandemie aus.

Klausuren schreibe ich insgesamt kaum. Die Modulprüfungen bestehen meist aus Hausarbeiten oder mündlichen Prüfungen.

»Ich werde meine Berufsschüler:innen nicht nur im Unterricht betreuen, sondern sie auch bei ihren Praktika begleiten, bewerten und unterstützen.«

Es gibt eine Besonderheit, wenn man wie ich auf Lehramt studiert: Nach meinem Abschluss werde ich die Fächer Sozialpädagogik und Psychologie an Berufskollegs unterrichten. Weil die Ausbildung schulisch organisiert ist, werde ich gleichzeitig angehende Erzieher:innen, Heilerziehungspfleger:innen, Kinderpfleger:innen und Sozialassistent:innen ausbilden. Ich werde meine Berufsschüler:innen also nicht nur im Unterricht betreuen, sondern sie auch bei ihren Praktika in Kitas, Kliniken oder anderen sozialen Einrichtungen begleiten, bewerten und unterstützen.«

Sozialpädagogik vs. Soziale Arbeit

Sozialpädagogik ist ein Teilbereich der Sozialen Arbeit. Wer es studiert, beschäftigt sich vor allem mit Erziehungs- und Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen. Soziale Arbeit hingegen ist breiter aufgestellt, im Studium geht es auch um die Betreuung von älteren Menschen, Suchtkranken, Personen mit Behinderungen oder wohnungs- und arbeitssuchenden Menschen.

Studiengänge der Sozialen Arbeit werden oft an Fachhochschulen angeboten. Sozialpädagogik hingegen kann man an Fachhochschulen  und Universitäten  studieren, mitunter auch als Masterstudium . Lehramtsstudiengänge  gibt es in der Regel nur an Universitäten.

Berufsaussichten nach dem Studium

»Als Referendarin werde ich nur einige Jahre älter sein als meine Schüler:innen. Sorgen mache ich mir deswegen nicht. Um Distanz zu schaffen, werde ich sie allerdings siezen. Vielleicht gebe ich das auf, sobald ich etwas älter bin.

Alle Berufsschüler:innen, die ich bisher kennengelernt habe, waren total nett und aufmerksam. Im Unterschied zur ›normalen‹ Schule brennen sie für das, was sie lernen – schließlich haben sie sich für diesen Berufsweg entschieden. Heute bedauere ich es, dass ich vor dem Studium keine Ausbildung zur Erzieherin gemacht habe. Man kann sich bestimmt viel besser in die Schüler:innen hineinversetzen, wenn man selbst mal an ihrer Stelle gesessen hat.

Wer nicht auf Lehramt studiert, findet Jobs in sozialen Einrichtungen, bei Behörden oder in der Leitung etwa von Kitas. Die Berufsaussichten sind mittlerweile sehr gut, nach ausgebildetem Personal wird überall gesucht. Die Bezahlung kann je nach Arbeitgeber stark variieren.

Ein kleiner Tipp zum Ende: An der TU Dortmund wurden im vergangenen Semester alle Interessent:innen zugelassen – eine Bewerbung lohnt sich also immer, egal mit welcher Abinote.«

Branchen und Gehälter

Wer im Schuldienst arbeitet, hat gute Chancen, verbeamtet zu werden. Berufsschullehrer:innen werden häufig besser bezahlt als etwa Grundschullehrer:innen. In der Besoldungsgruppe A13 bekommen sie je nach Bundesland ein Einstiegsgehalt  zwischen 4222 Euro (Rheinland-Pfalz) und 4774 Euro (Bayern) brutto im Monat.

Laut der Jobplattform Stepstone  können Sozialpädagog:innen in sozialen Einrichtungen ein Bruttodurchschnittsgehalt von 41.000 Euro jährlich erwarten. Vor allem Kitas, Therapiezentren oder gemeinnützige Verbände suchen nach ausgebildeten Sozialpädagog:innen.