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Berufseinstieg als Meteorologe »Bei Unwettern ist keine Zeit, um lange zu überlegen«

Wenn es blitzt, donnert und regnet, zieht es Nico Bauer nach draußen. Schon als Kind legte er Fotoalben von Unwettern an. Beim Deutschen Wetterdienst trifft er nun Vorhersagen, die mitunter Menschenleben retten können.
Aufgezeichnet von Sheila Ananda Dierks
Meteorologe Nico Bauer an seinem Schreibtisch beim Deutschen Wetterdienst: »Ich konnte mein Hobby zum Beruf machen«

Meteorologe Nico Bauer an seinem Schreibtisch beim Deutschen Wetterdienst: »Ich konnte mein Hobby zum Beruf machen«

Foto: Privat

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Der Start ins Arbeitsleben ist aufregend, anstrengend – und oft ganz anders als geplant. In der Serie »Mein erstes Jahr im Job« erzählen Berufseinsteiger:innen, wie sie diese Zeit erlebt haben. Diesmal: Nico Bauer, 27, ist seit einem Jahr Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in der Offenbacher Zentrale.

Mein erstes Jahr im Job

Alle bisherigen Folgen von »Mein erstes Jahr im Job« finden Sie auf unserer Serienseite. Sie haben Ihren Berufseinstieg selbst gerade hinter sich und möchten davon erzählen? Dann schreiben Sie uns an SPIEGEL-Start@spiegel.de .

Zur Serie

»Wenn ich von meinem Job erzähle, merke ich immer wieder: Die meisten Menschen wissen gar nicht, was wir Meteorologen überhaupt machen. Viele denken, dass wir in den Himmel schauen und daraus eine Wettervorhersage treffen können. Dabei ist es reine Schreibtischarbeit.

Beim Deutschen Wetterdienst bin ich an erster Stelle dafür zuständig, Unwetter vorherzusagen und Unwetterwarnungen zu erstellen. Dafür gibt es unterschiedliche Wettermodelle, basierend auf komplexen mathematischen und physikalischen Gleichungen. Daraus kann ich mit meinem meteorologischen Know-how interpretieren, welches Wetterereignis am wahrscheinlichsten ist. Die Ergebnisse leite ich dann zum Beispiel an die Feuerwehr oder den Katastrophenschutz weiter. Bei extremen Unwettern kann das mitunter Menschenleben retten.

Neben der Wettervorhersage können Meteorologen auch in der Forschung arbeiten – oder private Kunden, wie etwa Festivalveranstalter, beraten. Für mich war allerdings schon früh klar, dass ich in die Vorhersage gehen will. Ich erinnere mich an einen Tag in meiner Kindheit, für den in den Nachrichten keine Unwetter angekündigt wurden. Als unsere Straße jedoch voller Hagelkörner war, wusste ich: Das will ich später mal besser vorhersagen.

»Mein Drang, das Wetter zu verstehen, war groß.«

Mit neun Jahren bekam ich zu Weihnachten meine erste Wetterstation. Damit konnte ich dann etwa den Niederschlag, die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit messen. Mein Drang, das Wetter zu verstehen, war damals schon groß: Ich dokumentierte meine Beobachtungen, fotografierte Gewitterwolken und sammelte die Bilder in einem Album.

Nach dem Abitur studierte ich Meteorologie am Karlsruher Institut für Technologie. Das Studium war allerdings schwieriger als gedacht: Gerade die ersten Semester bestanden zu einem großen Teil aus Mathematik und Physik und waren sehr theoretisch. Erst im Master konnte ich mich so richtig auf Meteorologie spezialisieren und habe vor allem zu tropischen Wirbelstürmen geforscht.

Es war schon damals mein großer Wunsch, beim Deutschen Wetterdienst zu arbeiten. Das ist der größte Anbieter im Bereich der Wettervorhersage, entsprechend hoch sind auch die Anforderungen an den Bewerber. Ich habe mich direkt nach meinem Studium für eine Stelle beworben, aber eine Absage bekommen. Es hieß, ich habe zu wenig Berufserfahrung. Also arbeitete ich für einige Monate bei einem privaten Wetterdienstleister in der Kundenberatung, um mich dann erneut beim Deutschen Wetterdienst zu bewerben – mit Erfolg.

Hektik und hohe Verantwortung

Auch wenn ich mich auf den Job gut vorbereitet gefühlt habe, hatte ich etwas Respekt vor der Verantwortung. Vor allem die Hektik war am Anfang noch neu für mich: Bei Unwetterlagen ist keine Zeit, um lange zu überlegen. Dann müssen schnell Entscheidungen getroffen werden, wie etwa: Geben wir eine Unwetterwarnung raus oder nicht? Während meiner Einarbeitungszeit hat mich noch sehr beeindruckt, wie schnell die Kollegen arbeiten, im Januar saß ich schließlich allein bei einer heiklen Glatteislage am Schreibtisch. An dem Tag war ich Ansprechpartner für die Medien, das Telefon klingelte durchgehend. Alle wollten eine Einschätzung haben. Trotz der Hektik habe ich mich nicht aus der Ruhe bringen lassen und weiter strukturiert gearbeitet. Ich bin mir sicher: Je länger man im Beruf ist, desto leichter fallen solche Momente.

Beim Deutschen Wetterdienst arbeiten wir in verschiedenen Schichten, nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich. An manchen Tagen beginnt mein Arbeitstag um sechs Uhr morgens, an anderen Tagen erst um 13 Uhr. In der »Guidance«-Schicht habe ich Unwetter im Blick und entscheide, wann wir welche Unwetterlagen an die Öffentlichkeit geben. In der Schicht »Warnproduktion« hingegen beschäftige ich mich überwiegend mit dem internationalen Wettergeschehen. Ich verfolge Extremwetter und gebe wichtige meteorologische Informationen zum Beispiel an das Technische Hilfswerk weiter. Die können dann vor Ort besser planen und einen möglichen Einsatz vorbereiten.

»Noch heute gehe ich bei Unwettern vor die Haustür.«

Etwa viermal im Monat muss ich außerdem eine Nachtschicht übernehmen, das Wetter schläft schließlich nicht. Das nehme ich allerdings gern in Kauf, denn durch die unterschiedlichen Schichten bleibt mein Job vielfältig, einen richtigen Arbeitsalltag gibt es nicht.

Ich konnte mein Hobby zum Beruf machen und beschäftige mich jeden Tag mit spannenden Wetterphänomenen. Meine Faszination dafür flacht nicht ab. Noch heute gehe ich bei Unwettern vor die Haustür und beobachte beeindruckende Gewitterstürme.

Beim Deutschen Wetterdienst werde ich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bezahlt, in der Entgeltgruppe E14 liegt mein Grundgehalt bei 3000 Euro netto. Allerdings gibt es noch einige Zulagen, beispielsweise 20 Prozent bei Nachtarbeit oder 25 Prozent bei einer Sonntagsschicht. Je nachdem, wie viele Sonderschichten ich mache, kommen noch 200 bis 400 Euro dazu.

Wenn ich genügend Erfahrung gesammelt habe, möchte ich gern zum sogenannten Supervisor aufsteigen. Das ist hier in der Vorhersage- und Beratungszentrale die höchste Stelle: Man trägt viel mehr Verantwortung und ist auch der Ansprechpartner bei Extremsituationen, wie zum Beispiel einem Brand- oder Radioaktivitätsfall.«

Wie wird man Meteorolog:in?

Ein Bachelor-Studium der Meteorologie an einer Hochschule umfasst in der Regel sechs Semester und teilt sich in ein Grund- und ein Hauptstudium auf. Während in den ersten Semestern vor allem mathematische und physikalische Grundlagen vermittelt werden, beinhaltet die zweite Hälfte der Ausbildung meteorologische Themen, die sich an den Forschungsschwerpunkten der jeweiligen Universität orientieren. Im Anschluss studieren viele Meteorolog:innen noch einen Master, zwingend notwendig ist das allerdings nicht. 

Ein anderer Weg in den Beruf ist ein dualer Diplomstudiengang, der auf eine Beamtenlaufbahn hinführt. An der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung  müssen Studierende innerhalb von sechs Semestern sowohl ein Grundstudium als auch praxisorientierte Studienphasen durchlaufen. Unter anderem sammeln sie dabei praktische Erfahrung beim Deutschen Wetterdienst oder bei der Bundeswehr.

Eine Übersicht der Studienstandorte hat die Deutsche Meteorologische Gesellschaft in einem Uniatlas  gesammelt.

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