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Geröstete Zucchini mit Minzjoghurt und feiner Tomatensoße: Thomas Keller trifft iranisch-afghanische Küche

Geröstete Zucchini mit Minzjoghurt und feiner Tomatensoße: Thomas Keller trifft iranisch-afghanische Küche

Foto: Sebastian Maas / DER SPIEGEL

Kochen ohne Kohle Geröstete Sterne-Zucchini mit persisch-afghanischem Touch – für 1,45 Euro

Bevor künstliche Intelligenz uns jede spaßige und kreative Aufgabe abnimmt, lernen wir lieber selbst schnell das Kochen. Etwa mit diesem leckeren Mix aus Nouvelle Cuisine und paschtunischer Küche.
Eine Kolumne von Zyniker Sebastian Maas

John Maynard Keynes hatte eine Vision. 1930 hat der von vielen als der wichtigste Ökonom des 20. Jahrhunderts gefeierte Denker prophezeit, im Jahr 2030 werde die Menschheit nur noch 15 Stunden pro Woche arbeiten müssen – dem technologischen Fortschritt sei Dank. Sein Essay »Wirtschaftliche Möglichkeiten unserer Enkel«  (PDF) hatte in mindestens einem Punkt recht: Der Fortschritt war enorm. Programme, Roboter und Automaten können heute vieles übernehmen, was früher Menschen gemacht haben.

Nur das mit der Freizeit kommt nicht hin. Warum?

Wahrscheinlich, weil in den wenigsten Firmen dieser Welt nach der Einführung einer zeitsparenden Technik gedacht wird: »Super, nun können alle Angestellten weniger arbeiten.« Sondern: »Super, nun können weniger Leute dieselbe Arbeit machen … und dem Rest können wir kündigen.« Die Gewinne aus dem Fortschritt gehen an Anteilseigner, Investmentfonds und Firmenbesitzer, die geschasste Arbeiterschaft muss sich dem Fortschritt anpassen, wie es dann kaltherzig heißt.

»Kochen ohne Kohle«

Bafög oder Azubi-Gehalt sind schon wieder fast aufgebraucht? Der Obstkorb beim unbezahlten Agenturpraktikum war geräubert? Und bitte nicht schon wieder Pizzatoast? Alles kein Problem: In dieser Kolumne zeigt SPIEGEL-Redakteur und Hobbykoch Sebastian Maas, wie man trotz Flaute auf dem Konto leckere und besondere Gerichte zaubern kann. Dabei gibt es nur zwei Regeln:

  • Eine Portion darf maximal so viel kosten wie ein Essen in der Mensa, also drei Euro.

  • Teure Spezialgeräte sind tabu.

Alle Rezepte

Statt Wohlstand für alle ist die Schere zwischen Arm und Reich weltweit aufgegangen, und die Zahl der Millionäre gestiegen. Daran ist nicht der Fortschritt schuld, sondern die Logik, nach der dessen Früchte verteilt werden. Wer als Arbeiter nach einer Viertagewoche fragt, wird daher weiterhin um »Lust auf die Überstunde« gebeten.

Aber wozu braucht man noch Freizeit? Die schönsten Hobbys werden heute ebenfalls von Robotern und Programmen erledigt. Vom kreativen Schreiben über das Malen bis zur Musik kann »künstliche Intelligenz« (KI) alles jemals von Menschen Erdachte erst analysieren, dann klauen und zuletzt neu zusammensetzen, um damit menschlichen Künstlerinnen und Künstlern die Arbeitsgrundlage zu entziehen. Wer nach Feierabend also Gitarre oder Kochen lernen möchte, der sollte sich beeilen – bevor alle Lehrerinnen und Lehrer dafür auf Roboter-Mechanik umgeschult wurden.

Aber genug des Zynismus. Den Spaß am Kochen in der eigenen Küche kann einem keiner nehmen (außer vielleicht ein 1.500 Euro Thermomix). Außerdem ist Kochen zu lernen vergleichsweise einfach. Das Gericht, das ich heute hier koche, stammt sogar in Teilen aus einem Online-Kochkurs, nämlich der Masterclass  von Dreisternekoch Thomas Keller. Eine bescheidene Zutat, die Zucchini, wird mit ein wenig Zeit und Technik zu etwas ganz Besonderem. Einfach, indem sie erst stark gesalzen wird, danach angebraten und zuletzt gebacken. Sie bekommt so einen feinen Röstgeschmack und eine geschmeidige Textur, ohne zu weich zu werden.

Als kreative Eigenleistung habe ich (ohne KI) Kellers Methode mit Borani Kadu vermischt, einem traditionellen Gericht aus der Region Iran-Afghanistan. In dem Rezept werden Kürbisgewächse wie Zucchini mit Joghurt, einer würzig-säuerlichen Tomatensoße und Minze gereicht. Gemeinsam wird daraus ein sanftes, sommerlich frisches Zucchini-Gericht.

Da einige Menschen noch nicht in den Genuss der 15-Stunden-Woche gekommen sind, habe ich zwei Methoden für das Gericht im Angebot, eine kurze und eine lange. Die kurze kommt ohne den Keller-Touch aus, schmeckt aber trotzdem wahnsinnig gut. Nur auf dem Foto kommt das nicht so gut rüber – aber das können Sie ja mit KI erstellen.

Das benötigt man für zwei Portionen:

Der Knoblauch ist optional und auch die Frage, ob es Fladenbrot, Dürüm oder andere Wraps sein sollen, darf jeder selbst entscheiden.

Der Knoblauch ist optional und auch die Frage, ob es Fladenbrot, Dürüm oder andere Wraps sein sollen, darf jeder selbst entscheiden.

  • Zwei Zucchini (etwa 20 cm Länge)

  • Eine Handvoll Tomaten

  • 1 kleine weiße Zwiebel

  • 2 EL Tomatenmark

  • 200 ml Naturjoghurt

  • je 1/2 TL Kurkuma, Paprikapulver (Edelsüß) und Pfeffer, außerdem etwas Salz

  • etwas Minze, frisch oder getrocknet

  • 2 kleine Fladenbrote, Dürüm, Tortillas oder Wraps

  • etwas Öl zum Braten

  • Optional: etwas Knoblauch und/oder Zitronensaft

Was kostet das? Für die verbrauchten Zutaten habe ich etwa 2,90 Euro bezahlt, also 1,45 Euro pro Portion.
Wie lange dauert das? Die schnelle Variante dauert 15 Minuten, die langsame 45 Minuten.

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Sebastian Maas

Gar es ohne Bares!

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Seitenzahl: 240
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Preisabfragezeitpunkt

17.07.2024 11.56 Uhr

Keine Gewähr

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So einfach macht man Borani Kadu

  • Die schnelle Variante: Die Zucchini waschen, in etwa 1,5 cm dicke Scheiben schneiden, leicht salzen und in etwas Öl anbraten. Nach zwei bis drei Minuten von jeder Seite sollten die Scheiben goldbraun sein und können bis zum Servieren warm gestellt werden.

  • Die langsame Variante: Die Zucchini waschen, längs halbieren und mit einem scharfen Messer im Schachbrettmuster einritzen. Dann sehr kräftig auf der Schnittseite mit Salz bestreuen. Mit der Salzseite auf ein Küchentuch legen, für etwa zehn Minuten. Dabei wird die Feuchtigkeit entzogen, was später die Textur verbessert und dafür sorgt, dass die Zucchini im Ofen nicht auseinanderfällt. Den Ofen vorheizen, auf 200 Grad (Ober-/Unterhitze). Nun das Restsalz gründlich abwischen. Eine Pfanne auf sehr hohe Hitze bringen, dann Öl hineingeben und die Zucchini auf der präparierten Seite hineinlegen. Die Hitze leicht reduzieren und etwa vier bis fünf Minuten gold- bis dunkelbraun anbraten, dann auf die grüne Seite drehen. In den Ofen schieben und für 15 Minuten durchbacken.

Nach dem Entfernen des Salzes sollte das Schachbrettmuster gut erkennbar sein.

Nach dem Entfernen des Salzes sollte das Schachbrettmuster gut erkennbar sein.

Nun kann man sich um die anderen Komponenten kümmern, die bei beiden Varianten gleich aussehen.

  • Die Zwiebel sch��len und grob hacken, dann mit etwas Öl auf mittlerer Hitze in der Pfanne anschwitzen, bis die Stücke glasig sind.

  • Kurkuma- und Paprikapulver und Tomatenmark dazugeben, das Tomatenmark kurz leicht anrösten lassen. Ein großer Schluck Wasser hilft, alles zu verrühren.

  • Die Tomaten zugeben, einen Deckel auflegen und auf niedriger Temperatur ziehen lassen. Nach fünf Minuten die Tomaten mit einem Löffel oder einer Gabel leicht zerdrücken.

  • Den optionalen Knoblauch in den Joghurt pressen. Die Minze und eine Prise Salz dazugeben, gut verrühren und bis zum Essen kühl stellen.

  • Dürüm oder Wraps aufwärmen, entweder im Ofen in Alufolie eingeschlagen (bei der langen Variante) oder in der warmen Zucchini-Pfanne (bei der kurzen Variante).

  • Wenn die Zucchini gar ist, kann angerichtet werden. Dafür ein wenig vom Joghurt auf einen Teller geben, abwechselnd die Zucchini und gewürzte Tomatensoße aufschichten und am Ende noch einmal etwas vom Joghurt darüber träufeln. Fürs Auge noch einen Schwung Kräuter obendrauf und genießen. Wer mag, gibt noch einen Spritzer Zitrone oder Öl dazu.

Keine Angst vor Röstaromen: Die Zucchini darf gern etwas dunkler werden, im Inneren wird sie trotzdem herrlich cremig.

Keine Angst vor Röstaromen: Die Zucchini darf gern etwas dunkler werden, im Inneren wird sie trotzdem herrlich cremig.

Dieses Rezept kann übrigens auch super im Herbst mit den anderen Kürbisgewächsen gemacht werden. Wichtig ist nur, dass sie gut durchgegart werden, bis sie weich sind. Ob das in der Pfanne oder im Ofen passiert, hängt dann nur vom persönlichen Geschmack ab. Oder von dem Ihres Kochroboters.

Viel Spaß beim Nachkochen und guten Appetit!

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