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Bafög-Reform Ab dem Wintersemester gibt es mehr Geld für Studierende

Höhere Bedarfssätze, Studienstarthilfe, Flexibilitätssemester: Der Bundestag beschließt Nachbesserungen beim Bafög. Jedoch zu sparsam, kritisieren Verbände und Opposition.
Studierende im Hörsaal: Bald mehr Geld für Bafög-Empfänger:innen – aber immer noch zu wenig?

Studierende im Hörsaal: Bald mehr Geld für Bafög-Empfänger:innen – aber immer noch zu wenig?

Foto: Christoph Hardt / Panama Pictures / picture alliance

Der Bundestag hat am Donnerstag eine Reform des Bafög beschlossen. Die Sätze und die Wohnkostenpauschale sollen demnach ab dem kommenden Wintersemester steigen. Zudem sollen Studienanfänger aus ärmeren Haushalten künftig mit einer sogenannten Studienstarthilfe in Höhe von 1000 Euro unterstützt werden. Der SPIEGEL hatte zuvor über die Pläne berichtet.

Die Ampelkoalition hatte nach viel Kritik von Sozialverbänden und Studierendenvertretern ihre Bafög-Reform noch einmal angepasst und die Erhöhung der Sätze ergänzt, die im Gesetzentwurf von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zunächst nicht vorgesehen waren. Das Bafög war zuletzt zum Wintersemester 2022/23 um 5,75 Prozent erhöht worden. Nach dem Bundestag muss sich der Bundesrat noch mit der Bafög-Reform befassen, sie ist dort aber nicht zustimmungsbedürftig. So sehen die Pläne im Einzelnen aus:

Erhöhung bei Grundbedarfssatz und Wohnkostenpauschale

Der sogenannte Grundbedarf für Studierende soll zum Wintersemester von 452 auf 475 steigen, die Wohnpauschale für diejenigen, die nicht mehr bei den Eltern wohnen, von 360 auf 380 Euro. Zusammengerechnet würde der Höchstsatz also von 812 auf 855 Euro steigen.

Ältere Studierende, die ihre Krankenversicherung selbst zahlen müssen, weil sie nicht mehr über die Eltern mitversichert sind, bekommen außerdem aktuell einen Zuschlag von 122 Euro.

Mit der Reform werden auch die Bafög-Sätze für Schüler:innen angehoben. Für sie soll die Erhöhung bereits ab 1. August zum Beginn des neuen Schuljahres greifen.

Höhere Freibeträge

Die Reform soll auch den Kreis der Bafög-Empfänger:innen vergrößern, ein erklärtes Ziel der Ampelkoalition. Dafür sollen die sogenannten Freibeträge um 5,25 Prozent steigen. Höhere Freibeträge bedeuten, Eltern und Bafög-Empfänger:innen dürfen künftig mehr verdienen und fallen trotzdem nicht gleich aus der Bafög-Förderung heraus.

In der Vergangenheit war die Zahl der Empfänger deutlich gesunken. 2022 bezogen laut Statistischem Bundesamt 630.000 Personen Bafög-Leistungen, zehn Jahre zuvor waren es noch 979.000.

Studienstarthilfe für Laptop oder Bücher

1000 Euro sollen Studienanfänger:innen ab dem kommenden Wintersemester bekommen, die unter 25 Jahre alt sind und Bürgergeld beziehen oder in Familien leben, die durch andere staatliche Leistungen wie den Kinderzuschlag oder Wohngeld ihr Einkommen aufbessern müssen. Das Bundesbildungsministerium rechnet in seinem Gesetzentwurf grob mit etwa 15.000 Anträgen auf diese Studienstarthilfe.

Die Antragstellung wird voraussichtlich über das Portal »Bafög Digital« möglich sein, wo auch Bafög online beantragt werden kann. Das Hochladen eines Nachweises über den Bezug der genannten Sozialleistungen und einer Kopie der Immatrikulationsbescheinigung sollen ausreichen. Die 1000 Euro Starthilfe müssen nicht zurückgezahlt werden und werden bei anderen Leistungen nicht als Einkommen angerechnet, auch nicht beim Bafög.

Bafög-Rückzahlung bleibt, wie sie ist

Die Bafög-Reform sieht außerdem die Einführung eines sogenannten Flexibilitätssemesters vor. Wenn etwa zum Ende des Studiums die Zeit knapp wird, soll Betroffenen die Bafög-Förderung ein halbes Jahr länger als die Regelstudienzeit gewährt werden dürfen. Einfacher soll es zudem werden, das Studienfach zu wechseln, ohne den Bafög-Anspruch zu gefährden.

Nicht umgesetzt wird der ursprüngliche Plan des Bildungsministeriums, die Mindestraten bei der Bafög-Rückzahlung von 130 auf 150 Euro im Monat zu erhöhen. Es bleibt also dabei, dass maximal 10.010 Euro Schulden getilgt werden müssen, denn nach 77 abgezahlten Raten wird in der Regel der Rest erlassen.

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) wurde seit seiner Einführung 1971 immer wieder reformiert – umgangssprachlich steht der Name des Gesetzes inzwischen für die eigentliche Geldleistung. Aus dem anfangs reinen Zuschuss ohne Rückzahlung wurde später zunächst ein Volldarlehen. Seit 1990 gilt die Regel: Nur die Hälfte der Förderung muss zurückgezahlt werden.

Nachbesserungen laut Verbänden noch zu schwach

Sozialverbände, Gewerkschaften, Deutsches Studierendenwerk (DSW) und auch SPD und Grüne in der Ampelkoalition hatten im Zuge der Beratungen über die Bafög-Reform Druck gemacht. Unter Verweis auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten und hohen Mieten für WG-Zimmer hatten sie gefordert, dass, anders als zuerst geplant, auch die Bafög-Sätze und Wohnpauschalen angehoben werden. Fünf Prozent höhere Sätze, wie nun vereinbart, seien besser als eine Nullrunde, heißt es beim DSW. Die Nachbesserungen seien insgesamt aber noch zu schwach.

Kritik kam bei der Debatte im Bundestag auch aus der Opposition. An die Ampelkoalition gewandt, sagte Unionspolitikerin Gitta Connemann: »Auch die Studierenden realisieren inzwischen: Sie haben Ihr Versprechen gebrochen.« Mehr Bildungschancen für alle habe die aktuelle Regierung bisher nicht umsetzen können.

Auch der Studierendenverband »freier zusammenschluss von student*innenschaften« (fzs) bemängelt die Reform. »43 Euro mehr im Monat bekommen Vollbezuschusste nun – das kann nicht die anfangs vollmundig angekündigte Strukturreform des Bafög sein. 43 Euro sind weniger als zwei Döner pro Woche. Im Alltag der Studierenden wird sich spürbar nichts verändern«, so Niklas Röpke, fzs-Vorstandsmitglied, dem SPIEGEL gegenüber.

dpa/taf