Zum Inhalt springen

Debakel bei der Europawahl Klingbeil kritisiert SPD-Wahlkampf – »Einige Dinge haben mir nicht gepasst«

Die SPD hadert mit ihrem katastrophalen Ergebnis bei der Europawahl. Parteichef Lars Klingbeil sucht die Schuld auch in den eigenen Reihen – und geht auf Distanz zu einer Äußerung seines Generalsekretärs.
SPD-Chef Klingbeil: »Es hilft nichts, wenn ich auf andere zeige«

SPD-Chef Klingbeil: »Es hilft nichts, wenn ich auf andere zeige«

Foto: Christian Mang / REUTERS

Das historisch schlechte Abschneiden der SPD bei der Europawahl wirkt in der Partei nach. SPD-Chef Lars Klingbeil macht für das desaströse Ergebnis auch den Wahlkampf seiner Partei verantwortlich. »Es gibt einige Dinge im Wahlkampf, die mir nicht gepasst haben. Und die wir jetzt intern aufarbeiten werden«, sagte Klingbeil in einem Interview mit der SV-Gruppe .

Die Verantwortung für den Wahlkampf der SPD trägt Generalsekretär Kevin Kühnert, zu dem Klingbeil ein enges Verhältnis hat. Kühnert hatte allerdings zu Beginn der Woche seinerseits mit einer Äußerung zum historisch schlechten Ergebnis seiner Partei für Aufregung gesorgt. Im Interview mit dem Sender Phoenix argumentierte er, man habe in zweieinhalb Jahren Ampelkoalition eine Politik gerade für untere Einkommensgruppen gemacht. Trotzdem sagten genau diese Menschen in Umfragen, sie fühlten sich von der Ampelpolitik nicht repräsentiert. Er glaube, da spiele etwas rein, »was ich mal fast Kontaktschande nennen würde«, sagte Kühnert. »Nämlich, dass unsere beiden Koalitionspartner von diesem Teil der Bevölkerung sehr stark abgelehnt werden und das auf uns auch abfärbt.«

»Es hilft nichts, wenn ich auf andere zeige.«

Lars Klingbeil

Die Formulierung »Kontaktschande« hatte auch innerhalb der SPD für Kritik gesorgt. Parteichef Klingbeil distanzierte sich nun ebenfalls davon. »Es hilft nichts, wenn ich auf andere zeige«, sagte Klingbeil der SV-Gruppe angesprochen auf Kühnerts Äußerungen. »Die Bundesregierung hat Vertrauen verloren, das kann man ja in den Umfragen sehen. Das Wahlergebnis ist für alle drei Partner ein Dämpfer.«

Er selbst habe »2021 als Wahlkampfmanager bewiesen, dass wir bei Bundestagswahlen vorne liegen können«, so Klingbeil. »Darum geht es auch bei der nächsten Bundestagswahl.«

Auch seitens der Koalitionspartner war Kritik an Kühnerts Äußerung gekommen. »Wer nach einem solchen Wahlergebnis nicht vor der eigenen Haustür kehrt, hat den Gong nicht gehört«, sagte etwa Grünenchef Omid Nouripour im Interview mit dem SPIEGEL .

Auch gegen die Kritik von seinem Vorgänger und Ex-Parteichef Sigmar Gabriel wehrte sich Klingbeil nun. »Ich will betonen, dass wir in der Partei mittlerweile den Zustand haben, dass wir nicht mehr mit dem Finger auf Einzelne zeigen. Alle, die heute Verantwortung tragen, machen das nicht«, sagte Klingbeil.

»Das ist der Unterschied zu einer Zeit, als andere Verantwortung getragen haben«, so der SPD-Chef. »Da hat man mit dem Finger auch schon vor den Wahlen auf andere gezeigt. Da ging es hin und her. Aber wenn wir etwas gelernt haben, dann, dass Teamspiel eine wichtige Grundlage für Erfolge ist.«

Gabriel hatte das Wahlergebnis der SPD als »schallende Ohrfeige für die Ampelkoalition« bezeichnet und kritisiert, dass niemand in der Parteispitze der SPD dafür die Verantwortung übernehme. »Weder für den katastrophalen Wahlkampf noch für die völlig falsche Auswahl der Wahlaussagen und schon gar nicht für die Personalauswahl«, so Gabriel. Offenbar dächten alle nur daran, irgendwie auf ihren Sesseln sitzenzubleiben.

Es sei jedoch »eine Debatte nötig, was wir in unserer Politik falsch machen«, sagte er. »Es reicht jetzt nicht, auf Umstände, Wetter oder die Bösewichte in den Medien zu verweisen.«

eru/dpa/AFP