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Nach Großeinsatz in Essen Können Städte AfD-Parteitage künftig verhindern?

Der AfD-Parteitag in Essen hat Behörden und Polizei an die Belastungsgrenzen gebracht. Nach SPIEGEL-Informationen sucht die Stadtverwaltung nun Mittel, um solche Tagungen in Zukunft zu unterbinden.
aus DER SPIEGEL 28/2024
Polizisten und Protestierende in Essen: Der AfD-Parteitag produzierte unschöne Bilder, es gab mitunter heftige Zusammenstöße

Polizisten und Protestierende in Essen: Der AfD-Parteitag produzierte unschöne Bilder, es gab mitunter heftige Zusammenstöße

Foto: Jochen Tack / IMAGO

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Zehntausende Menschen sind am vergangenen Wochenende in Essen auf die Straßen gegangen, um gegen den AfD-Bundesparteitag in der Grugahalle zu demonstrieren. Rund 4000 Polizisten waren im Einsatz, 28 wurden verletzt, ein Beamter schwer. Mehrere Politikerinnen und Politiker mussten über Absperrgitter klettern, um zum Parteitag zu kommen. Ein AfD-Delegierter, Stefan Hrdy, biss einem Demonstranten in die Wade.

Das ist die Bilanz der AfD-Tagung in Essen. Das Treffen der Rechtsaußenpartei produzierte unschöne Bilder, es gab mitunter heftige Zusammenstöße – daher möchte die Stadt Essen künftige AfD-Parteitage in der Ruhrmetropole verhindern. Es gebe derzeit eine »rechtliche Prüfung«, wie eine Sprecherin dem SPIEGEL mitteilt.

Demnach will die Stadt Mietverträge für ihre Immobilien durch einen Zusatz oder eine Selbstverpflichtung ergänzen. Organisationen und Parteien müssten damit vorab zusichern, dass es bei ihren Veranstaltungen nicht zu strafbaren Handlungen – etwa das Äußern von NS-Parolen – kommt, und bei einem Verstoß ein Bußgeld zahlen.

Die AfD klagte

Durch diesen Kniff, so die Hoffnung der Verwaltung, würde die AfD einen Mietvertrag gar nicht erst unterzeichnen.

Der Stadt Essen gehört die Grugahalle, in der am vergangenen Samstag und Sonntag der Parteitag stattfand. Im Januar 2023 bekam die AfD einen entsprechenden Mietvertrag, vor wenigen Wochen wurde er vonseiten der Stadt gekündigt. Die AfD klagte dagegen vor mehreren Gerichten, mit Erfolg, sodass sie ihren Parteitag schließlich abhalten konnte. Einem solchen Rechtsstreit möchte die Stadt Essen mit den erweiterten Mietverträgen in Zukunft offenbar aus dem Weg gehen.

»Die möglichen Regelungen sollen für alle städtischen Immobilien gelten, die Veranstaltungsorte sind«, teilt die Stadtsprecherin mit.

Die Spielräume sind begrenzt

Auch in anderen Städten stellt sich inzwischen die Frage, wie man mit Vermietungen an die AfD umgehen soll. In Hamburg etwa heißt es, dass man »alle rechtlichen Mittel ausschöpfen« würde, um einen potenziellen AfD-Parteitag zu verhindern.

Allerdings sind die Spielräume der Kommunen, Mietverhältnisse mit politischen Parteien in öffentlichen Einrichtungen zu unterbinden, generell begrenzt. Grundgesetz, Parteiengesetz oder Kommunalrecht binden die Entscheidungsträger, es gibt dazu Rechtsprechung.

So scheiterte die Stadt München in der Vergangenheit mehrfach daran, Einmietungen der AfD in städtischen Kultur- oder Bürgerzentren mit juristischen Mitteln zu verhindern. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof verwies 2018 auf das »zwingend vorgegebene parteienrechtliche Gleichbehandlungsgebot«. Das Verwaltungsgericht München hob 2019 Hausverbote auf, die die Stadt gegen AfD-Redner für die Gaststätte einer Sportanlage ausgesprochen hatte.

Mehr Handhabe gibt es bei anderen Organisationen und unbekannten Personen. Hier klärt die Münchner Fachstelle für Demokratie ab, ob es sich bei den Anfragenden um rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Mieter handeln könnte. Die Stadt hat zudem eine Broschüre herausgegeben, die auch privaten Vermietern eine Orientierungshilfe bietet und mögliche Mietvertragsklauseln ausführt.

Derweil gehen die Verantwortlichen in Magdeburg bei diesem Thema anders vor. Im März fand der Landesparteitag der AfD Sachsen-Anhalt in einem städtischen Kongresshaus statt. Die Stadt teilte mit, sich »strikt neutral« zu verhalten und Parteien und ihre Programme bei Vermietungen nicht zu bewerten.

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