Zum Inhalt springen
Swantje Unterberg

SPIEGEL-Bildungsnewsletter Schlafdefizit bei Jugendlichen: Jetlag im Unterricht

Viele Teenager leiden unter dem frühen Unterrichtsbeginn, in der Pubertät werden die meisten von Frühaufstehern zu Nachteulen. Ein Gymnasium in Baden-Württemberg testet nun, ob es auch anders geht.

Es sei nicht weniger als eine »Schul-Revolution«, findet die »Bild«-Zeitung : Im Gymnasium Plochingen in Baden-Württemberg beginnt der Unterricht versuchsweise später. Zweimal pro Woche dürfen die Schülerinnen und Schüler der siebten Klasse dort entscheiden, ob sie wie üblich um 7.50 Uhr in die Schule kommen wollen – oder lieber erst um 9.40 Uhr.

Statt regulären Deutsch- oder Englischunterricht gebe es an diesen Tagen freiwillige Lernzeit, erklärte Lehrer Till Richter. Die Siebtklässler könnten die gestellten Aufgaben entweder in den ersten beiden Stunden in der Schule abarbeiten – oder ausschlafen und sie irgendwann zu Hause erledigen.

Das Medienecho war riesig, das Thema bewegt. Denn Schüler und Eltern kämpfen seit Generationen mit dem frühen Aufstehen. Die gesundheitlichen Schäden bei Teenagern seien enorm, schreibt meine Kollegin Veronika Hackenbroch. Und fordert: Lasst die Jugendlichen länger schlafen! Auch unsere Leserinnen und Leser haben zum Thema eine eindeutige Meinung (»Debatte der Woche«).

Wir freuen uns über Lob, Kritik und Themenanregungen – gern per E-Mail an bildung@spiegel.de .

Für das Bildungsteam beim SPIEGEL
herzlich

Swantje Unterberg

Feedback & Anregungen? 

Das ist los

Schulhof in Berlin: Das »Startchancen-Programm« kommt, die Misere wird bleiben

Schulhof in Berlin: Das »Startchancen-Programm« kommt, die Misere wird bleiben

Foto:

Maja Hitij / dpa

1. Szenarien zur AfD-Bildungspolitik

Was wäre, wenn AfD-Politiker die Macht in den Kultusministerien übernähmen? Dieser Frage ist meine Kollegin Silke Fokken nachgegangen. Ihre Recherche zeigt , wie viel Einfluss schon ein einzelner Amtsträger hätte – nicht nur auf die Demokratieerziehung. Passend dazu läuft an der Uni Augsburg ein neues Forschungsprojekt, das untersucht, welche Schulpolitik die AfD propagiert.

2. Unterstützung für benachteiligte Schülerinnen und Schüler

Das »Startchancen-Programm« kommt, die Misere wird bleiben. Nach monatelangem Ringen hat das Prestigeprojekt von Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger eine weitere Hürde genommen. Die Kritik reißt trotzdem nicht ab .

3. Studie zur Lehrerarbeitszeit

Nur gut ein Drittel der Arbeitszeit entfällt auf den Unterricht. Wie viel arbeiten Lehrkräfte abends und am Wochenende, wenn sie nicht im Klassenraum stehen? Und woraus besteht ihre Arbeit dann? Eine Studie zeigt, wodurch Überstunden entstehen und wer mehr als andere schuftet.

Und sonst so

Prüfung in Niedersachsen: Wie viel arbeiten Lehrkräfte abends und am Wochenende, wenn sie nicht im Klassenraum stehen?

Prüfung in Niedersachsen: Wie viel arbeiten Lehrkräfte abends und am Wochenende, wenn sie nicht im Klassenraum stehen?

Foto:

Holger Hollemann / dpa

Kommt der Digitalpakt 2.0? Der Streit zwischen Bund und Ländern geht weiter. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz warnt vor »substanziellen Rückschritten bei den Verhandlungen« – und fordert mehr Tempo vom Bund. Wohin kommt der Schreibtisch? Mit der Frage müssen sich Eltern von Kindern im letzten Kita-Jahr langsam beschäftigen. Die »Welt« hat dazu ein paar Tipps parat . Wann kommt G9? Der Landtag in Baden-Württemberg hat zwar den Gesetzentwurf einer Elterninitiative für eine schnelle Abkehr vom achtjährigen Gymnasium abgelehnt – die Kultusministerin hat jetzt aber einen Startzeitpunkt für die Rückkehr zur neunjährigen Gymnasialzeit verkündet.

Zahl der Woche

Null

Sind Orthografie und Zeichensetzung null und nichtig? Den Eindruck erweckt zumindest eine Ankündigung aus Schleswig-Holstein: In Deutschklausuren sollen dort künftig keine Fehler mehr gezählt werden. Was klingt wie ein großer Skandal, ist allerdings schulpolitischer Trend. Schleswig-Holstein ist das vorletzte Bundesland, das zum kommenden Schuljahr den sogenannten Fehlerquotienten im Deutschunterricht abschafft. Einzig Hessen hält dann weiter daran fest. Wenn Sie das noch nicht besänftigt: Hier gibt’s die Argumente zum Nachlesen.

Debatte der Woche

Müde in der Schule: An den meisten Schulen in Deutschland fängt der Unterricht schon gegen acht Uhr an.

Müde in der Schule: An den meisten Schulen in Deutschland fängt der Unterricht schon gegen acht Uhr an.

Foto:

FG Trade / Getty Images

An den meisten Schulen in Deutschland fängt der Unterricht schon gegen acht Uhr an. Das muss sich dringend ändern, findet Veronika Hackenbroch  aus dem Gesundheitsteam des SPIEGEL. Und hat damit auch bei unseren Leserinnen und Lesern einen Nerv getroffen: 76 Prozent der Debattenteilnehmenden finden, dass der Schulunterricht später starten sollte.

»Wegen der umfangreichen Umbauprozesse in ihrem Gehirn liegen Jugendliche, auch wenn sie früh ins Bett gehen, oft noch lange wach. Morgens müssten sie entsprechend länger schlafen – doch das lässt der frühe Unterrichtsbeginn an den allermeisten Schulen nicht zu«, schreibt Veronika. Und sagt, das führe zu einem gefährlichen Schlafdefizit, das vor allem Pubertierende massiv benachteilige. »So zeigen Studien, dass Schlafmangel zu Konzentrationsstörungen, Übergewicht, Diabetes, Herzerkrankungen und Depressionen führen kann.«

Die Schule später beginnen zu lassen, sei deshalb »keine Frage der Bequemlichkeit, des Lifestyles oder der Tagesorganisation« – sondern medizinisch notwendig.

Die Leserinnen und Leser beschäftigt die Frage der Umsetzbarkeit natürlich trotzdem. Arbeitszeiten der Eltern, Abfahrtszeiten der Schulbusse, Dienstzeiten der Lehrkräfte, das alles muss bedacht werden. Und dann bleibt noch die Frage, wann lernen die Schülerinnen und Schüler den Stoff, der morgens nicht drankommt? Ein Leser gibt zu bedenken: »Wenn die Schule später anfängt, dauert sie auch länger und man hat einfach weniger vom Tag.«

Foto: DER SPIEGEL

Vielen Dank für Ihr Interesse und bis zum nächsten Mal! Wenn Ihnen ein Thema auf dem Herzen liegt: Sie erreichen uns unter bildung@spiegel.de