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Universität Göttingen Lautstarke Studierende vereiteln Vortrag von CDU-Politikerin

��Armutszeugnis für unsere Debattenkultur«: Die Bundestagsabgeordnete Mareike Wulf wollte über das Selbstbestimmungsgesetz sprechen, doch dazu kam es nicht. Mutmaßliche Studierende der Universität Göttingen stürmten den Hörsaal.
Campus der Universität Göttingen vor der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek (Symbolbild)

Campus der Universität Göttingen vor der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek (Symbolbild)

Foto: Swen Pförtner / picture alliance/dpa

Eigentlich wollte die Bundestagsabgeordnete Mareike Wulf einen Vortrag über das Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung halten, doch lautstarke Studierende haben das verhindert. Nach Angaben der Polizei versammelten sich rund 260 Menschen am Mittwochnachmittag im und vor dem Hörsaal der Universität Göttingen, um den Auftritt der CDU-Politikerin zu stören. Demnach pfiffen die mutmaßlichen Studierenden mit Trillerpfeifen, riefen laut, klopften an Fensterscheiben und trommelten auf Tische.

Wulf konnte wegen des Lärms nicht mit ihrem Vortrag beginnen. »Nachdem die Raumkapazitäten erschöpft waren, durchbrachen ca. 50 bis 100 Randalierer die Einlasskontrolle und stürmten den Hörsaal«, heißt es in einer Mitteilung  des CDU-nahen Studentenverbandes RCDS.

Wulf habe den Hörsaal in Begleitung von Polizisten verlassen. Über den Vorfall hatten zunächst mehrere Medien berichtet.

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Der RCDS hatte die Politikerin eingeladen und auch über die sozialen Medien für den öffentlichen Vortrag geworben, der in einem kleinen Hörsaal der Hochschule stattfinden sollte. Bereits im Vorfeld gab es Kritik an dem Auftritt. Nach Angaben der Polizei wurde in den sozialen Medien zu Protestaktionen aufgerufen. Daher waren Polizisten und Polizistinnen vor Ort.

Die Universität müsse sich die Frage gefallen lassen, warum sie sehenden Auges einen solchen Verlauf hingenommen habe und warum das Verhalten der Störer toleriert worden sei, so der Vorsitzende des RCDS Göttingen, Moritz Germann.

Dem Polizeisprecher zufolge wurden keine Personen verletzt oder Einrichtungsgegenstände beschädigt. Die Polizei ermittelt, ob es zu versammlungsrechtlichen Verstößen kam.

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Zahlreiche CDU-Politiker, darunter Generalsekretär Carsten Linnemann, kritisierten die Störaktion scharf. »Wenn Vertreter der bürgerlichen Mitte unter Polizeischutz vom Campus eskortiert werden, dann ist das ein Armutszeugnis für unsere Debattenkultur«, sagte Linnemann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er wolle den Studentenverband ermutigen, die Veranstaltung mit Wulf zu wiederholen. »Der Rechtsstaat darf vor solchen Chaoten nicht einknicken«, so Linnemann.

Der Vorsitzende der niedersächsischen Landtagsfraktion, Sebastian Lechner, nannte die Aktion »undemokratisch und intolerant«.

Die Universität Göttingen teilte mit, dass sie generell von allen Akteurinnen und Akteuren im Sinne der Meinungsfreiheit erwarte, auch abweichende und provokant vorgetragene Äußerungen zu tolerieren und auszuhalten. »Protest zu äußern, ist legitim, aber eine eingeladene Rednerin daran zu hindern, ihre Meinung überhaupt vorzutragen, entspricht nicht unserer Vorstellung von Diskussion«, hieß es in einer Mitteilung.

Wulf scharfe Kritikerin des Selbstbestimmungsgesetzes

Das Selbstbestimmungsgesetz, das Mitte Mai den Bundesrat passierte, sieht vor allem Erleichterungen für transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen vor. Sie sollen künftig erheblich einfacher den Geschlechtseintrag und den Vornamen behördlich ändern lassen können. Statt einer Gerichtsentscheidung und Gutachten braucht es dann nur noch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt.

Wulf hatte nach der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag scharfe Kritik daran geübt. So hatte sie der Regierungskoalition vorgeworfen, dass mit dem Gesetz künftig jeder Bürger seinen Geschlechtseintrag auf dem Amt ändern lassen könne, ohne dafür eine nähere Begründung zu nennen. Die Ampel hätte »möglichem Missbrauch« des Gesetzes nichts entgegenzusetzen, so Wulf damals. »Sie vernachlässigen die Schutzfunktion des Staates gegenüber Kindern und Jugendlichen.«