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Gerichtsentscheidung in Fördergeldaffäre Bildungsministerium darf Kurznachrichten nicht löschen

FDP-Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger und ihre Vertrauten müssen alle Kurznachrichten sichern, die die Fördergeldaffäre betreffen. Das hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden.
Festplatten säubern erst einmal untersagt: FDP-Ministerin Bettina Stark-Watzinger putzt während einer Bundestagsdebatte den Bildschirm eines Tablets

Festplatten säubern erst einmal untersagt: FDP-Ministerin Bettina Stark-Watzinger putzt während einer Bundestagsdebatte den Bildschirm eines Tablets

Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa

Im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) müssen erst einmal alle Kurznachrichten, die in Zusammenhang mit der Fördergeld-Affäre stehen, gesichert werden. Auch das automatisierte Löschen der Nachrichten muss zunächst deaktiviert werden. Das hat das Verwaltungsgericht Köln am Mittwoch im Rahmen eines Eilverfahrens entschieden und dem Ministerium eine entsprechende Auflage erteilt.

Anfang Mai hatten mehr als 100 Hochschullehrende einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie die Räumung eines propalästinensischen Protestcamps an der FU Berlin kritisiert hatten. Bildungs- und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatte scharf auf diesen Brief reagiert: Sie zeigte sich »fassungslos« und deutete an, die Unterzeichnenden stünden mutmaßlich nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes, weil sie den Terror der Hamas als Ursache des aktuellen Konflikts nicht erwähnten. Unmittelbar danach wurde im Ministerium geprüft, ob die unterzeichnenden Forscherinnen und Forscher Fördergelder vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erhielten – und ob man diese Förderung zurücknehmen könne. Umstritten ist, wann die Ministerin von diesen Überlegungen erfahren hat .

Die Initiative »Frag den Staat«  hatte vom Ministerium die Herausgabe aller Akten zu dem Vorgang nach dem Informationsfreiheitsgesetz verlangt. In dem daraufhin vom BMBF veröffentlichten 132-seitigen Datenpaket waren jedoch keinerlei Kurznachrichten enthalten – obwohl die Ministerin und ihre Vertrauten nach SPIEGEL-Informationen insbesondere bei kritischen Themen regelmäßig über den Messengerdienst Wire kommunizieren.

Verwaltungsgericht kritisiert fehlende Regelung

»Frag den Staat« hatte daraufhin auch die Herausgabe der Wire-Kommunikation verlangt und ein Eilverfahren angestrengt, um eine Löschung von Daten zu verhindern. Bis zur Entscheidung in diesem Verfahren müsse das Ministerium nun sicherstellen, »dass Nachrichten über den Messengerdienst 'Wire (Bund)', die die Bundesministerin, ihr persönlicher Stab, die Staatssekretäre und Staatssekretärinnen sowie der weitere Leitungsstab (...) in Bezug auf den Protestbrief von etwa 100 Lehrenden (...) gesendet und empfangen haben, nicht gelöscht werden«, entschied das Kölner Verwaltungsgericht. Die gelte ausdrücklich auch für die bei Wire mögliche automatische Löschung: Die entsprechende Funktion müsse deaktiviert werden.

Die Richterinnen und Richter begründeten den Beschluss damit, dass »Frag den Staat« bei einer Löschung der Kurznachrichten »irreversible Nachteile drohen«. Mit der Zwischenregelung werde sichergestellt, »dass es zu einem späteren Zeitpunkt noch effektiven Rechtsschutz« für den Antragsteller gebe und vom Ministerium keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden.

Das BMBF habe in dieser Hinsicht keine ausreichenden Aktivitäten entwickelt, stellte die Kammer fest. So habe es bisher keine verbindliche Regelung zur vorläufigen Datensicherung gegeben. Es sei auch nicht erkennbar, »dass eine Sanktionierung vorgesehen wäre«, falls Einzelpersonen Daten löschten. Das Ministerium habe außerdem auch nicht zugesichert, »die begehrten Informationen bis zu einer gerichtlichen Entscheidung vorzuhalten«.

Das Ministerium kann gegen den Beschluss noch Beschwerde einreichen. Eine Sprecherin teilte auf Anfrage mit, dass man sich zum laufenden Verfahren beim Verwaltungsgericht Köln nicht äußern könne.

Aktenzeichen: 13 L 1211/24

him