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Tricia Tuttle Was die neue Berlinale-Leiterin streicht – und welche Posten sie neu schafft

Sie ist drei Monate im Amt, nun hat Berlinale-Intendantin Tricia Tuttle erste Entscheidungen getroffen: Eine Reihe, die ihre Vorgänger eingeführt hatten, wird schon wieder gestrichen, eine andere kommt hinzu.
Intendantin Tricia Tuttle in der Geschäftsstelle der Berlinale

Intendantin Tricia Tuttle in der Geschäftsstelle der Berlinale

Foto: Sebastian Christoph Gollnow / picture alliance / dpa

Keine Begegnungen mehr zwischen Experimentalkino und künstlerischem Dokumentarfilm: Bei der Berlinale fällt die Sektion Encounters weg. Das gab das Festival am Dienstag bekannt. Nach ersten Personalentscheidungen tritt die neue Intendantin Tricia Tuttle damit auch als Gestalterin, was die Struktur des Festivals betrifft, auf den Plan. Tuttle ist seit 1. April alleinige Leiterin der Berlinale.

Neben der Abschaffung von Encounters hat die US-Amerikanerin gleichzeitig die Einführung einer eigenständigen Reihe für Debütfilme beschlossen: In der Sektion Perspectives sollen ab der kommenden Festivalausgabe internationale Regiedebüts zu sehen sein. An Perspectives wird dann auch der mit 50.000 Euro dotierte Preis für das beste Spielfilmdebüt gebunden sein. Diesen Preis gab es bisher auch schon, er wurde aber sektionsübergreifend vergeben.

Die Sektion Encounters war erst 2020 von Tuttles Vorgängern, dem Leitungsduo Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek, eingeführt worden. Sie sollte experimentellere Filme von etablierten Filmschaffenden ebenso wie von aufstrebenden Talenten zusammenbringen. Obwohl die Reihe einige der interessantesten Filme der Berlinale bündelte, gab es auch Kritik: Als zweiter Wettbewerb konzipiert, bei dem ebenfalls eine Jury Preise vergab, galt Encounters in der Branche als unnötige Konkurrenz für den Hauptwettbewerb, da dieser die künstlerisch reizvollsten Filme an die Reihe abtreten musste. Dass Encounters mit dem Wechsel in der Leitung wegfallen würde, war daher von vielen erwartet worden.

Neue Reihe, neue Leute

Die Einführung der Reihe Perspectives kann ebenfalls als kleine Korrektur am Kurs  der Vorgänger verstanden werden. Unter Spardruck hatten Chatrian und Rissenbeek  in ihrem letzten Jahr im Amt die Reihe Perspektive Deutsches Kino, in der der deutsche Nachwuchs präsentiert wurde, gestrichen. Nun haben deutsche Erstlingswerke neben internationalen Arbeiten wieder eine eigene Bühne. »Wir suchen nach Spielfilmdebüts, die ein internationales Spektrum von Stimmen repräsentieren, eine kühne Filmsprache haben, spannende Perspektiven entwickeln und neue Sichtweisen auf die Welt bieten«, so Tuttle über Perspectives.

Die Filmauswahl für die Reihe werde von Tuttle zusammen mit den Leitenden der Sektionen Panorama, Forum und Generation sowie den sogenannten Co-Directors of Film Programming kuratiert, hieß es weiter. Auf diese neu geschaffenen Positionen der Co-Verantwortlichen für die Filmauswahl hatte Tuttle im Juni Michael Stütz und Jacqueline Lyanga berufen. Lyanga war zuvor US-Delegierte des Festivals, Stütz ist Leiter der Sektion Panorama und wird diese Funktion auch neben seiner Tätigkeit als Co-Leiter der Filmauswahl ausfüllen. Mit Florian Weghorn, einem langjährigen Berlinale-Mitarbeiter in verschiedensten Positionen, war zudem erstmalig ein »Chief of Staff« von Tuttle eingeführt worden. Er soll laut Festival die Intendantin dabei unterstützen, »die Strategien des Festivals sowohl intern als auch mit den wichtigsten externen Stakeholdern zu kommunizieren«.

hpi