Zum Inhalt springen
Zur Ausgabe
Artikel 1 / 5
Foto:

Juice Flair / Shutterstock

Europawahl für Kinder erklärt Gemeinsam statt einsam

In den Ländern der EU wohnen rund 450 Millionen Menschen. Viele von ihnen dürfen im Juni ihre Stimme abgeben – allerdings nur, wenn sie mindestens 16 Jahre alt sind. Dabei ist die Europawahl auch für Kinder wichtig.
Von Pelle Kohrs aus Dein SPIEGEL 6/2024

Eine Schulklasse wählt zwei neue Klassensprecher. Sie vertreten von nun an die Interessen von 25 Schulkindern. So groß ist eine Klasse in Deutschland im Durchschnitt. Bei der Europawahl im Juni geht es ähnlich zu, nur größer: Statt zwei werden 720 Sprecher bestimmt. Und die Wahl betrifft nicht bloß 25, sondern fast 450 Millionen Menschen. So viele Einwohner haben alle Länder der Europäischen Union (EU) zusammen.

Die EU ist ein Zusammenschluss europäischer Staaten, bei dem 27 Länder mitmachen. Sie arbeiten gemeinsam daran, Frieden und Wohlstand zu wahren. Für die EU-Bürgerinnen und -Bürger hat die Gemeinschaft der Staaten jede Menge Vorteile. Wer in einem EU-Land lebt, kann etwa ganz einfach in ein anderes EU-Land reisen – nicht nur, um Ferien zu machen, sondern auch zum Wohnen oder Arbeiten. Und bezahlt werden kann dort bequem mit dem Euro. Er ist in fast allen EU-Staaten die gültige Währung.

EU-Abgeordnete bei einer Sitzung in Brüssel. Gerade stimmen sie über einen Gesetzesvorschlag ab.

EU-Abgeordnete bei einer Sitzung in Brüssel. Gerade stimmen sie über einen Gesetzesvorschlag ab.

Foto: Geert Vanden Wijngaert / AP / picture alliance / dpa

Der Hauptsitz der EU, also die »europäische Regierung«, befindet sich in der belgischen Hauptstadt Brüssel. Unter anderem dort werden Gesetze und Richtlinien angestoßen, die die Mitgliedstaaten umsetzen müssen. Manche dieser Gesetze bemerken wir unmittelbar in unserem Alltag. Vor ein paar Jahren hat die EU zum Beispiel bestimmt, dass es keine Trinkhalme aus Plastik mehr geben darf. Über andere Gesetze denken wir weniger nach, obwohl sie für unser Leben von größerer Bedeutung sind. Sie sorgen etwa dafür, dass unser Trink- und Badewasser besonders sauber ist, dass unsere Daten im Internet geschützt werden müssen und dass wir ohne Grenzkontrollen in andere EU-Staaten reisen können.

Die 720 Abgeordneten im Europäischen Parlament, das eines der Organe der EU ist, sind für die Abstimmung über die Gesetzesvorschläge zuständig. Keine Mehrheit? Kein Gesetz. Häufig wird lange gestritten und diskutiert, bis es zu einer Entscheidung kommt. Am Ende gibt es meist einen Kompromiss, der manchen Ländern besser passt als anderen.

Bei der Europawahl, die alle fünf Jahre stattfindet, werden die Abge­ordneten neu gewählt. Je mehr Einwohner ein Land hat, desto mehr Sitze bekommt es im Europaparlament. Deutschland kann mit 96 die meisten Abgeordneten schicken, kleine Länder wie Zypern, Malta und Luxemburg nur sechs.

Was im Europaparlament entschieden wird, ist sehr wichtig. Denn die Mitgliedstaaten der EU, zwischen denen es seit mehr als 70 Jahren keinen Krieg mehr gab, stehen vor großen Herausforderungen.

Der Krieg in der Ukraine ist eine davon. Der russische Angriff auf das EU-Nachbarland hat gezeigt, dass Frieden in Europa nicht selbstverständlich ist. Fachleute halten es für möglich, dass Russland auch anderen europäischen Ländern gefährlich wird, falls es den Krieg gewinnt. Daher sei es wichtig, dass die EU-Staaten zusammenhalten und die Ukraine weiter unterstützen. Nach dem Motto: Am stärksten ist Europa, wenn es an einem Strang zieht.

Im April gab es in vielen deutschen Städten Proteste gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.

Im April gab es in vielen deutschen Städten Proteste gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.

Foto: Sachelle Babbar / ZUMA Press / picture alliance

Doch so denken nicht alle. In den vergangenen Jahren haben in nahezu allen EU-Ländern rechte Parteien an Einfluss gewonnen. Sie setzen sich dafür ein, dass in ihrem Land möglichst vieles so bleibt, wie es ist oder früher mal war. Manche dieser Parteien sind rechtsextrem. Von der Europäischen Union, die für demokratische Werte wie Frieden, Gleichheit und den Schutz der Menschenrechte steht, halten die Rechtsextremen oft wenig, für sie steht das Wohlergehen des eigenen Landes im Vordergrund. Wenn ihre Parteien bei der Europawahl im Juni viele Stimmen erhielten, säßen in den nächsten fünf Jahren mehr von ihnen als Abgeordnete im Europaparlament. So etwas wird »Rechtsruck« genannt.

Im Frühjahr gingen hierzulande Tausende Leute auf die Straße, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen.

Im Frühjahr gingen hierzulande Tausende Leute auf die Straße, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen.

Foto: Michael Kuenne / ZUMA Press / picture alliance

Ein Rechtsruck in der EU könnte sich auf wichtige Themen auswirken, über die das Europaparlament entscheidet. Es stünde etwa auf der Kippe, dass die Ukraine weiter von der EU unterstützt wird. Und es wäre auch schwieriger, Gesetze für den Umweltschutz oder zum Wohle geflüchteter Menschen zu beschließen. Rechts­extreme Politikerinnen und Politiker sind dafür bekannt, die Klimakrise zu verharmlosen und menschenfeindliche Dinge zu sagen.

Dein SPIEGEL: Unser Europa
Foto:

Dein SPIEGEL

Rechtsruck, Ukrainekrieg, Klimawandel – die Europäische Union steht vor großen Herausforderungen. Wie die Gemeinschaft der Staaten künftig mit ihnen umgeht, hängt auch vom Ausgang der Europawahl ab. In der neuen Ausgabe von »Dein SPIEGEL«, dem Nachrichten-Magazin für Kinder, steht, wieso die Wahl für das Zusammenleben in der EU so wichtig ist. Außerdem im Heft: Kinder aus europäischen Ländern erzählen von ihrer Heimat. Und: Flanke, Kopfball, Quiz! Zwölf Fragen zur Fußball-EM. »Dein SPIEGEL« gibt es am Kiosk, ausgewählte Artikel online. Erwachsene können das Heft auch hier kaufen:

Bei meine-zeitschrift.de bestellen 

Bei Amazon bestellen 

Hierzulande ist das bei der Partei AfD so. Deren Chefin Alice Weidel hat zuletzt gesagt, dass Deutschland vielleicht lieber aus der EU austreten sollte. Dabei sind sich die meisten Expertinnen und Experten einig, dass das eine schlechte Idee ist. Ohne die EU würde sich der wissenschaftliche Fortschritt verlangsamen, weil Deutschland nicht mehr bei Forschungen mitmachen dürfte, an denen die Länder gemeinsam arbeiten. Es wäre auch nicht mehr so leicht möglich, dass Schülerinnen, Schüler und Studierende zum Lernen ins Ausland gehen, um neue Erfahrungen zu sammeln.

Außerdem wäre es für Deutschland viel umständlicher, mit anderen Ländern Handel zu treiben. Für die Ein- und Ausfuhr von Waren fielen höhere Kosten an, wodurch die Preise für Lebensmittel und viele andere Produkte steigen würden. Bezahlt werden müssten sie mit einer anderen Währung als dem Euro, den es hier ohne die EU nicht mehr gäbe.

»Rejoin«, verlangt dieser Brite auf seinem Schild. Gemeint ist damit der Wiedereintritt Großbritanniens in die EU. 2020 ist das Land ausgetreten.

»Rejoin«, verlangt dieser Brite auf seinem Schild. Gemeint ist damit der Wiedereintritt Großbritanniens in die EU. 2020 ist das Land ausgetreten.

Foto: Andy Soloman / UCG / Universal Images Group / Getty Images

Dass es einem Land schaden kann, die EU zu verlassen, zeigt der Brexit. So wird der Austritt Großbritanniens im Jahr 2020 bezeichnet, für den zuvor die knappe Mehrheit der Briten gestimmt hatte. Sie nahmen an, dass ihr Land ohne die Regeln der EU besser dran wäre. Doch heute steht Großbritannien vor massiven Problemen. Dem Land fehlen zum Beispiel Hunderttausende Arbeitskräfte in wichtigen Bereichen wie der Landwirtschaft oder dem Transportwesen. Und in den Supermärkten sind Lebensmittel wie Obst und Gemüse teurer geworden, während es andere gar nicht mehr zu kaufen gibt.

Daher denken viele Fachleute, dass es für die Länder in Europa am besten ist, wenn sie gemeinsame Sache machen. Auch weil die Staaten in der Welt dann mehr zu melden haben. Für ein Land allein ist es schwierig, sich gegenüber großen Ländern wie China oder den USA durchzusetzen. Als Gemeinschaft hingegen wird Europa in der Welt ernst genommen. In der Schule ist es ähnlich: Zwei Klassensprecher können außerhalb ihrer Klasse wenig erreichen. Doch alle Klassensprecher zusammen können Dinge verändern, die für die ganze Schule von Bedeutung sind.

Dieser Artikel erschien in »Dein SPIEGEL« 6/2024.

»Dein SPIEGEL« – Das Nachrichten-Magazin für Kinder

Liebe Eltern,

Kinder wollen die Welt verstehen. Sie interessieren sich für Natur, Menschen und Technik. Sie stellen Fragen. Und sie geben sich nicht mit den erstbesten Antworten zufrieden. Darum gibt der SPIEGEL für junge Leserinnen und Leser ab acht Jahren ein eigenes Nachrichtenmagazin heraus.

»Dein SPIEGEL« erscheint jeden Monat neu und bietet spannende, verständlich geschriebene Geschichten aus aller Welt, Interviews und News aus Politik und Gesellschaft. Für noch mehr Spaß sorgen Comics, Rätsel und kreative Ideen zum Mitmachen.

Informationen und Angebote
Zur Ausgabe
Artikel 1 / 5