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Foto: Verena Brüning / Dein SPIEGEL

Katarina Barley im Kinder-Interview »Es ist wichtig, dass alle euro­päischen Länder zusammenhalten«

Katarina Barley ist Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Mit Marlene, 14, und Clemens, 13, spricht sie über die Aufgaben der EU und warum derzeit so viele Krisen auf einmal gelöst werden müssen.
Redaktionelle Begleitung: Friederike Bieber aus Dein SPIEGEL 6/2024

Dein SPIEGEL: Die Länder der EU sind total verschieden, oder? Passen sie trotzdem gut zusammen?

Barley: Natürlich sind die Länder alle sehr verschieden – die Menschen sprechen unterschiedliche Sprachen, essen anderes Essen, haben unterschiedliche Traditionen. Ich finde aber, dass sie trotzdem sehr gut zusammenpassen, weil sie alle die gleichen grundlegenden Werte vertreten: Sie sind sich einig, dass der Mensch erst mal frei ist. Das ist nicht selbstverständlich. In China werden die Bürger zum Beispiel von ihrem Staat komplett überwacht. In Europa hat jeder Mensch Rechte und die Möglichkeit, sie vor Gericht einzuklagen, das ist in Russland nicht immer so. Außerdem sind die Menschen in Europa sozial ab­gesichert, während zum Beispiel in den USA viele gar keine Krankenversicherung haben. Auf der an­deren Seite können die Länder in Europa noch einiges voneinander lernen, weil jedes Land bestimmte Dinge ganz anders macht.

Dein SPIEGEL: Die USA, China und Russland gelten als die mächtigsten Länder der Welt. Kann die EU da mithalten?

Barley: Ja, die EU sollte sich mit diesen Großmächten messen können. Dafür ist es sehr wichtig, dass alle euro­päischen Länder zusammenhalten. Denn jedes einzelne Land, auch Deutschland, kann allein gegenüber einem riesigen Land wie China wenig durchsetzen. Doch insgesamt hat die EU 450 Millionen Einwohner und ist eine mächtige Größe! Das wissen Russland, China und die USA natürlich, und manchmal versuchen Politiker aus diesen Ländern, den Zusammenhalt der EU zu zerstören, indem sie nur mit einzelnen Ländern verhandeln wollen. Dagegen muss sich die EU gemeinsam wehren.

Die EU kann sich mit Großmächten wie den USA und China nur messen, wenn alle europäischen Länder zusammenhalten.

Die EU kann sich mit Großmächten wie den USA und China nur messen, wenn alle europäischen Länder zusammenhalten.

Foto: Doug Mills / AP / picture alliance

Dein SPIEGEL: Könnte sich Europa gut genug verteidigen, wenn es angegriffen würde?

Barley: Die EU hat keine gemeinsame Verteidigung, auch wenn es unser Ziel ist, in der Zukunft eine europäische Armee aufzubauen. Noch entscheidet jedes Land selbst über das Militär und kann sich natürlich auch selbst verteidigen. Vor allem sind fast alle EU-Länder Mitglied im Verteidigungsbündnis Nato. Alle Länder der Nato haben versprochen, sich bei einem Angriff gegenseitig zu unterstützen. Im Fall eines Krieges würden uns also auch die Amerikaner helfen. Weil wir dadurch so stark sind, wird uns wahrscheinlich keiner angreifen. Und wenn doch, dann können wir uns gut verteidigen.

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Rechtsruck, Ukrainekrieg, Klimawandel – die Europäische Union steht vor großen Herausforderungen. Wie die Gemeinschaft der Staaten künftig mit ihnen umgeht, hängt auch vom Ausgang der Europawahl ab. In der neuen Ausgabe von »Dein SPIEGEL«, dem Nachrichten-Magazin für Kinder, steht, wieso die Wahl für das Zusammenleben in der EU so wichtig ist. Außerdem im Heft: Kinder aus europäischen Ländern erzählen von ihrer Heimat. Und: Flanke, Kopfball, Quiz! Zwölf Fragen zur Fußball-EM. »Dein SPIEGEL« gibt es am Kiosk, ausgewählte Artikel online. Erwachsene können das Heft auch hier kaufen:

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Dein SPIEGEL: Was sind die wichtigsten Probleme, die die EU lösen muss?

Barley: Das sind zurzeit leider sehr viele Probleme. Da ist zum Beispiel der russische Krieg in der Ukraine. Er findet quasi direkt vor der Haustür der EU statt, deshalb ist die Unterstützung der Ukraine für die EU unheimlich wichtig. Auch die Klimakrise ist ein drängendes Pro­blem. Und dann die Veränderungen in der Wirtschaft: Wie schaffen wir es, dass die europäischen Unternehmen weiterhin genug Geld ver­dienen, während sich die Welt rasend schnell verändert? Denn davon hängen am Ende auch gute Arbeitsplätze und Wohlstand für alle ab.

Dein SPIEGEL: Durch die vielen Krisen fliehen immer mehr Menschen aus ihrer Heimat, oft nach Europa. Wie will die EU damit umgehen?

Barley: Die Länder der EU haben sehr unterschiedliche Positionen zum Umgang mit geflüchteten Menschen. Das liegt auch daran, dass Länder wie Italien, Griechenland und Malta am Rand der EU liegen und dort sehr viele Geflüchtete ankommen. Die EU hat aber gerade in neuen Asylgesetzen beschlossen, dass jedes europäische Land eine bestimmte Anzahl an Geflüchteten aufnehmen muss, die aus einer Notlage geflohen sind.

Dein SPIEGEL: In Deutschland und anderen Ländern Europas werden immer mehr rechtsextreme Parteien wie die AfD gewählt, die die EU gar nicht mögen. Wie soll die EU mit ihnen umgehen?

Barley: In der EU gilt die Demokratie, und in einer Demokratie müssen wir auch mit gewählten Parteien umgehen, die die EU nicht mögen. Wir müssen den Wählern deswegen gut erklären, warum die EU wichtig ist: weil sie für Frieden sorgt. Weil sie wichtig für den Wohlstand ist. Und weil die Länder der EU in der Welt eine mächtigere Stimme haben, wenn sie gemeinsam sprechen. Großbritannien ist vor vier Jahren aus der EU ausgetreten. Seitdem geht es dem Land wirtschaftlich viel schlechter als vorher: Die Preise für Lebensmittel steigen, die Landwirtschaft und das Gesundheits­system haben Probleme, und an vielen Stränden kann man nicht mehr baden, weil das Wasser voller Kot, Gift und Dreck ist. Denn seit die Umweltschutz-Vorschriften der EU weggefallen sind, leiten die Unternehmen einfach Abwasser ins Meer. Wir hoffen, dass die Menschen erkennen, dass es ihnen mit der EU besser geht, und sie dann keine rechtsextremen Parteien wählen.

Marlene wohnt in Berlin und geht in die 8. Klasse. Sie spielt gern Handball und interessiert sich besonders für den Umweltschutz. Clemens besucht die 7. Klasse eines Gymnasiums in Düren. Er interessiert sich für Geografie und Wirtschaft und spielt Tennis.

Marlene wohnt in Berlin und geht in die 8. Klasse. Sie spielt gern Handball und interessiert sich besonders für den Umweltschutz. Clemens besucht die 7. Klasse eines Gymnasiums in Düren. Er interessiert sich für Geografie und Wirtschaft und spielt Tennis.

Foto: Verena Brüning / Dein SPIEGEL

Dein SPIEGEL: Wie reden Sie mit den Abgeordneten der rechtsextremen Parteien im EU-Parlament?

Barley: Wenn ich mit Leuten der rechtsextremen Parteien zu tun habe, versuche ich immer, sehr sachlich zu bleiben. Manche meiner Kollegen reden mit denen gar nicht, andere streiten sich laut, je nach Charakter. Aber ich bin Vize-Präsidentin des Parlaments, und da muss ich alle Abgeordneten gleichbehandeln, und das tue ich auch.

Dein SPIEGEL: Haben Sie schon alle Länder der EU einmal besucht? Oder haben Sie das noch vor?

Barley: Ich war in fast allen Ländern schon einmal, aber noch nie in der Slowakei, in Bulgarien und auf Zypern! Nach Bulgarien möchte ich aber bald mit meinem Vater reisen. Der ist jetzt 88 Jahre alt und hat als Student mal Bulgarisch gelernt.

Dieses Interview erschien in »Dein SPIEGEL« 6/2024.

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