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Patrick Mariathasan / DER SPIEGEL

Kurt Stukenberg

Wahlen in Indonesien Der Klima-Swingstate

Kurt Stukenberg
Ein Newsletter von Kurt Stukenberg
Es kommt nicht nur auf die USA, China und Europa an: Schwellenländer spielen inzwischen für das Gelingen der Klimawende eine größere Rolle als viele Industriestaaten. Ein Beispiel dafür ist Indonesien.

Wie ernst meinen es die USA? Klappt der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien in China? Kommt Indien von der Kohle los, und bleiben die Europäer Vorreiter? Beim Klimaschutz schaut die Welt auf die immer gleiche Handvoll Staaten. Ohne die Großen ist der Durchbruch zwar auch nicht zu schaffen, aber der Blick nur auf sie ergibt ein unvollständiges Bild. Ein gutes Beispiel dafür ist Indonesien. In dem mit 280 Millionen Einwohnern viertbevölkerungsreichsten Land der Erde wurde diese Woche gewählt, und der mutmaßliche neue Präsident Prabowo Subianto (das offizielle Ergebnis wird in einigen Wochen vorliegen) wird eine nicht unerhebliche Rolle bei der Frage spielen, ob der Welt die Klimawende gelingt.

Das Land liegt bei den Kohleexporten deutlich vor  wichtigen Förderländern wie Australien, Russland, den USA und Südafrika, gewinnt laut Zahlen von 2022  rund doppelt so viel Energie aus der Verbrennung von Kohle wie Deutschland und hat die Bundesrepublik vor zwei Jahren auch bei den CO₂-Emissionen überholt : Indonesien emittiert mehr des klimaschädlichen Gases als Staaten wie Frankreich, die Türkei, Italien, Spanien und Großbritannien.

Indonesien ist nicht nur ein Problemfall

Nach Erhebungen von »Climate Analytics« und dem »New Climate Institute« sind die Klimaschutzbemühungen des Landes »absolut unzureichend« , allein die Emissionen des Energiesektors könnten demnach im Jahr 2030 die Schwelle von 400 Millionen Tonnen CO₂ erreichen – mehr als das Doppelte dessen, was zur Einhaltung der 1,5-Grad-Temperaturgrenze des Pariser Klimaabkommens verkraftbar wäre.

Doch Indonesien ist nicht nur ein Problemfall: Das Land verfügt über das größte Nickelvorkommen der Welt. Etwa 21 Millionen Tonnen sollen in der Erde liegen, etwa ein Fünftel des weltweiten Bestands. Der Rohstoff ist essenziell für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien und damit für den Umstieg von Verbrennern auf Elektroautos. Deshalb interessieren sich nun auch zunehmend Firmen und Regierungen im Westen für den größten Inselstaat der Welt . Indonesien beherbergt außerdem rund 10 Prozent des weltweiten Regenwaldgebiets und gilt als  das artenreichste Land der Erde. Das macht es zu einem Klima-Swingstate: Das zerstörerische Potenzial für das Weltklima durch die politischen Entscheidungen in Indonesien sind groß – ebenso groß wären die Erträge für den Klimaschutz, wenn es gelingt, die Abholzung des Urwalds zu stoppen, die Kohleexporte zurückzufahren.

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Nickel-Abbaugebiet in Indonesien: Etwa 21 Millionen Tonnen sollen in der Erde liegen, etwa ein Fünftel des weltweiten Bestands

Nickel-Abbaugebiet in Indonesien: Etwa 21 Millionen Tonnen sollen in der Erde liegen, etwa ein Fünftel des weltweiten Bestands

Foto: Adek Berry / AFP

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Bleiben Sie zuversichtlich.

Ihr Kurt Stukenberg,
Stv. Ressortleiter Ausland