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Uno-Angaben Mehr als zehn Millionen Binnenflüchtlinge im Sudan

Der Sudan ist nun das Land mit den meisten Binnenflüchtlingen weltweit. Und der Chefankläger des Internationalen Gerichtshofs prangert die Gräueltaten der Kriegsparteien an – Vergewaltigungen, Plünderungen und Angriffe auf Krankenhäuser.
Flüchtlinge in der Region Darfur

Flüchtlinge in der Region Darfur

Foto: Dan Kitwood / Getty Images
Globale Gesellschaft

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Im Bürgerkriegsland Sudan gibt es nach Angaben der Vereinten Nationen über zehn Millionen Binnenflüchtlinge. Seit dem Ausbruch des Konfliktes zwischen der Armee und der RSF-Miliz vor über einem Jahr wurden 7,26 Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Dienstag mitteilte. Hinzu kämen 2,83 Millionen Menschen, die bereits durch frühere Konflikte vertrieben wurden.

Der Sudan ist laut Uno-Angaben das Land mit den meisten Binnenflüchtlingen weltweit. Zudem seien zwei Millionen Menschen vor den Kämpfen ins Ausland geflohen. Damit sind mehr als ein Viertel der 48 Millionen Sudanesinnen und Sudanesen auf der Flucht. Allein 3,7 Millionen Bewohner der Hauptstadt Khartum verloren ihr Zuhause.

Hilfsorganisationen warnen vor einer Hungerkatastrophe:

  • 70 Prozent der Vertriebenen halten sich laut IOM in Gebieten auf, in denen Hunger droht.

  • Insgesamt hätten 18 Millionen Menschen im Land nicht genug zu essen, darunter 3,6 Millionen unterernährte Kinder.

Die Vereinten Nationen beschuldigen beide Kriegsparteien, humanitäre Hilfe »systematisch« zu verhindern.

Im Sudan liefern sich seit April 2023 die Armee von Militärherrscher Abdel Fattah al-Burhan und die RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo einen blutigen Machtkampf. Bei den Kämpfen wurden zehntausende Menschen getötet – manche Schätzungen gehen Uno-Angaben zufolge sogar von bis zu 150.000 Toten aus.

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes, Karim Khan, hat derweil bekannt gegeben, er habe deutliche Hinweise auf Gräueltaten in der Region Darfur im Krisenstaat Sudan. In einem dringenden Aufruf forderte Khan am Dienstag in Den Haag internationale Organisationen, Partner und nationale Behörden dazu auf, Beweise und Informationen zu sammeln und ihm zu übergeben. Täglich erreichten seine Ermittler Informationen aus Darfur, die auf »einen organisierten, systematischen und schweren Angriff auf die Menschenwürde« deuteten.

Der Strafgerichtshof mit Sitz in Den Haag ermittelt bereits seit 2005 zu Völkermord in Darfur. Es war vom Uno-Sicherheitsrat damit beauftragt worden. Das Gericht erließ 2009 auch einen internationalen Haftbefehl gegen den damaligen Präsidenten Sudans Omar al-Bashir wegen des Verdachts auf Völkermord. Ein Schwerpunkt der Ermittlungen ist ein Massaker in West Darfur 2023.

Khan nannte nun ständige Angriffe auf die Zivilbevölkerung und vor allem auf Flüchtlingslager, massive und weit verbreitete Vergewaltigungen und andere Arten sexueller Gewalt, Bombenangriffe auf Wohngebiete, Plünderungen und Angriffe auf Krankenhäuser. Die Krise verschlimmere sich, das Leiden nehme zu, sagte der Chefankläger. »Und wir können nicht sagen, dass es keine Warnung gab.« Uno-Experten würden bereits von einem erneuten Völkermord sprechen.

Dieser Beitrag gehört zum Projekt Globale Gesellschaft

Unter dem Titel »Globale Gesellschaft« berichten Reporterinnen und Reporter aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa – über Ungerechtigkeiten in einer globalisierten Welt, gesellschaftspolitische Herausforderungen und nachhaltige Entwicklung. Die Reportagen, Analysen, Fotostrecken, Videos und Podcasts erscheinen in einer eigenen Sektion im Auslandsressort des SPIEGEL. Das Projekt ist langfristig angelegt und wird von der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) unterstützt.

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dop/dpa/AFP