Ein Labor in Dubai: Hier pflegt Ahmed Hamdy besonders sensible Tiere. Er arbeitet in einer Korallenfarm. Das Ziel: Möglichst widerstandsfähige und Hitze-tolerante Korallenarten zu züchten, die später einmal in beschädigte Korallenriffe gepflanzt werden können.
Ahmed Hamdy, Korallenzüchter:
»Wir kontrollieren die Umgebung der Korallen, was ihnen die Möglichkeit gibt, sich besser gegen den Klimawandel zu wappnen. Mit diesem System, das ein geschlossener Kreislauf ist, können wir die Temperaturen, die Lichtintensität und die Wellen kontrollieren. So schaffen wir eine Umgebung, die die Korallen stärker macht als gewöhnliche Korallen, so dass sie tatsächlich im Ozean überleben können.«
Das Wachstum dieser Korallen soll, verglichen mit dem Wachstum in der Natur, um das bis zu 50-Fache gesteigert werden können, wie dieses Zeitraffervideo beweisen soll. Im Labor des Start-ups lagern etwa 1.000 Korallenstücke. Diese werden immer wieder in mehrere kleine Teile geschnitten. Die Folge: Alle Korallenteile wachsen nach – und kleinere Stücke besonders schnell.
Ahmed Hamdy, Korallenzüchter:
»Das ist die Schneidemaschine, mit der wir die Korallen schneiden. Jetzt werden wir ein kleines Stückchen abschneiden, damit wir es in unsere Stecker kleben können, die wir für die Aufzucht der Korallen verwenden.«
Das Start-up verwendet ein Stecksystem, um die Korallenfragmente lagern zu können.
Ahmed Hamdy, Korallenzüchter:
»Das ist die Grundlage, die wir für das Wachstum der Korallen verwenden. Den Kleber haben wir bereits aufgetragen, jetzt wird die Koralle auf den Stecker geklebt.«
Zusätzlich wird in den Wasserbecken die Wassertemperatur kontrolliert und allmählich erhöht, damit sich die Korallen langsam anpassen können. Nach sechs bis zwölf Monaten sind sie groß genug und werden ins Meer umgesiedelt.
Aber wieso sind Korallen wichtig? In Riffen lebt ein Viertel aller Meerestiere. Außerdem sind sie wichtig für den Küstenschutz und können Stürme abmildern. Und Menschen aus Küstenregionen sind auf Korallenriffe als Touristenattraktion angewiesen.
Doch weltweit geht es den sensiblen Ökosystemen immer schlechter. Geht das Korallensterben in diesem Tempo weiter, könnten bis 2050 bis zu 90 Prozent aller Korallenbestände tot sein. Gründe dafür sind unter anderem die Überfischung, aber auch der zunehmende Plastikmüll in den Meeren.
Jessica Reichert, Meeresbiologin:
»Aber der größte Stressor, den wir auf jeden Fall in den letzten Jahren sehen, ist der Klimawandel und die immer häufiger und stärker werdenden Hitzewellen. Deshalb stehen wir jetzt wahrscheinlich auch am Anfang von der fünften Massenbleiche innerhalb von nur acht Jahren.«
Korallen sind winzige kleine Tiere, die um ihren Körper ein Kalkskelett aufbauen, das die Basis für ein Riff bildet. Sie leben in Symbiose, also in Gemeinschaft, mit kleinen einzelligen Algen. Diese Organismen verwandeln mithilfe von Sonnenlicht Kohlendioxid in Zucker und liefern den Korallen damit notwendige Nahrung.
Wird das Wasser jedoch zu warm, produzieren die Algen verstärkt Schadstoffe statt Nährstoffe. Die Koralle stößt die lebenswichtigen Algen ab. Dann ist nur noch das weiße Kalkskelett zu sehen, die Koralle bleicht aus. Siedeln sich nicht bald neue Algen an, stirbt die Koralle ab, sie »verhungert« praktisch.
Das Start-up in Dubai will dagegen steuern. Mithilfe von kleinen Korallenstücken in Aufzuchtstationen sollen Korallenriffe wiederaufgebaut werden. 30.000 Korallen hat es nach eigenen Angaben im Jahr 2023 im karibischen Meer gepflanzt.
Es ist nicht das einzige Unternehmen, das diesen Ansatz verfolgt. Weltweit gibt es ähnliche Projekte. In Australien sollen beispielsweise bis 2030 jährlich zehn Millionen neue, Hitze-tolerante Korallen ausgesetzt werden.
Jessica Reichert vom Meeresbiologischen Institut in Hawaii ist allerdings skeptisch, ob das im großen Stil funktionieren kann.
Jessica Reichert, Meeresbiologin:
»Aber man kann eben immer nur sehr lokal die Riffgesundheit verbessern. Wenn man sich überlegt, das Great Barrier Reef hat etwa die Größe von Italien, wenn wir uns vorstellen, dass wir jetzt Italien oder diese Größe mit kleinen Korallenfragmenten wiederbesiedeln wollen. Das ist einfach schwer vorzustellen, dass wir das schaffen.«
Deswegen würden gerade weitere Ansätze erforscht. Zum Beispiel ein akustisches Verfahren, das in der Karibik getestet wurde. Die Idee dahinter: Korallen können sich auf unterschiedliche Weise vermehren, unter anderem durch Ei- und Samenzellen, die sich treffen und verschmelzen. Daraus entstehen kleine Larven, die sich dann festsetzen und zu ausgewachsenen Korallen entwickeln.
In der Studie sollen Unterwasserlautsprecher das geschäftige Treiben der Unterwasserwelt nachahmen. Hören Korallenlarven Geräusche eines intakten Ökosystems, ist ihre Bereitschaft größer, sich auf bereits beschädigten Riffen anzusiedeln – was sie sonst weniger machen würden.
Jessica Reichert, Meeresbiologin:
»Wie gut das funktioniert, ist nicht ganz klar. Das muss einfach noch weiter getestet werden. Da befinden wir uns ganz am Anfang. Das ist auch immer schwierig im Riff natürlich solche Experimente zu machen, weil man viele Faktoren hat, die von außen Einfluss nehmen.«
Die Rettung von Korallen ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Da Hitzewellen zunehmen, wird der Abstand zwischen ihnen immer geringer, aktuell beträgt er circa zwei bis drei Jahre. Das reicht nicht aus, damit sich ein Korallenriff wieder komplett erholen kann.
Jessica Reichert, Meeresbiologin:
»Wir werden sehr wahrscheinlich einige Korallen verlieren, andere sind resistent. Häufig verlieren wir leider diejenigen, die sehr stark verzweigt und sehr komplex sind. Und dadurch verlieren wir wahrscheinlich auch die strukturelle Komplexität der Korallenriffe. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Korallen ihren Standort verändern, dass sie aus den besonders heißen Regionen verschwinden und wir viel mehr Korallenriffe auch in den etwas kälteren Regionen zunehmend finden können.«
Den sogenannten »Regenwäldern der Meere« geht es nicht gut. Kommen sie aus dem Gleichgewicht, könnte das drastische Auswirkungen auf das gesamte Meeresökosystem haben. Ansätze wie die das Arbeiten mit Korallenfragmenten, funktionieren örtlich begrenzt, gegen die Masse an beschädigten Korallen ist damit jedoch nicht anzukommen. Um die Korallenriffe langfristig zu retten, müsste der Klimawandel abgemildert werden.